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die Verantwortung für die Erreichung des ıhm gesteckten Lehrziels.
Diese Verantwortlichkeit schließt auch für die Universitätslehrer die Ver-
pflichtung in sich, auf Mittel und Wege zu sinnen, Vorkehrungen zu treffen,
welche die derzeit beklagte Unzulänglichkeit des Universitätsunterrichts
beheben und die Erreichung des ihm gesteckten Ziels sichern und fördern.
Dahin gehört unseres Erachtens unter anderem die Einschränkung der der-
zeitigenübermäßigen Universitätsferien, die eine Zeitverschwendung darstellen,
wie sie sich kein anderer Unterrichtsbetrieb gestattet, hieher möchten wir
auch rechnen das Bemühen der Professoren, mit den ihrer Unterweisung
unterstellten Studierenden in regen Verkehr zu treten und so einen Einfluß
auf sie zu gewinnen, der sich in Ratschlägen bezüglich der Einrichtung
ihres Studiengangs, bezüglich der Anschaffung von Literatur u. dgl. praktisch
äußern könnte; für manchen Studenten ist der plötzliche unvermittelte
Uebergang aus der Gebundenheit und Unselbständigkeit des Gymnasial-
betriebs in die volle, unbeschränkte akademische Freiheit mit Gefahren
verbunden, denen der Anschluß an die Universitätslehrer und der Verkehr
mit ihnen begegnen kann; vielleicht könnten die juristischen Fakultäten
noch einen Schritt weiter gehen und im voraus einzelne jüngere Dozenten
mit deren Einverständnis bezeichnen, welche sich bereit erklären, in den
bezeichneten Richtungen den Studierenden mit Auskunft und Beratung an
die Hand zu gehen. Diese freiwilligen Studienberater könnten unter Um-
ständen dann auch sich mit den Vertretern der maßgebenden Verbindungen
ins Benehmen setzen und durch diese weiteren Einfluß auf das Verhalten
der ihnen angehörenden Studenten gewinnen; das Schlagwort der aka-
demischen Freiheit darf von solcher Beeinflussung nicht abhalten, der Ge-
nuß dieser Freiheit ist nicht Selbstzweck, er muß sich der Erreichung des
Studienzwecks unterordnen. Das Beste in allen diesen Beziehungen muß
aber die Persönlichkeit der Lehrer, ihr Vorbild und ihre Autorität tun, mit
reglementierenden Vorschriften allein läßt sich hier nichts ausrichten.
Schließlich stimmen wir dem Wunsche des Verfassers der vorliegenden
Schrift zu: Die Reformbewegung möchte ihr hohes Ziel erreichen und eine
neue Blüte der deutschen Juristenfakultäten herbeiführen zum Heile des
heranwachsenden Juristenstandes und damit des ganzen deutschen Volkes
und seiner künftigen Entwicklung.
5. Die Grundlagen der Staatslehre Karl Theodor Welk-
kers. Von Dr. jur. Wilhelm Ehrhard 1910. Wiesbaden, Verlag
von J. F. Bergmann.
KarMlTheodor Welcker1790—1869 studierte in Gießen und Heidel-
berg die Rechte, schrieb schon als Student die Schrift „Die letzten Gründe
von Reclft, Staat und Strafe“, habilitierte sich 1813 zu Gießen und war nach-
einander Professor der Rechte in Kiel, Heidelberg, Freiburg; in Verbindung
mit K. v. Rotteck gab er das „Staatslexikon“ heraus, 3. Aufl, Leipzig,