Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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souveräne Gewalt über den ganzen Staat und für einen umfassenden 
Staatszweck, sodann aber auch 3. eine Harmonie oder harmonische Ver- 
mittelung zwischen beiden Gegensätzen, zwischen der Vielheit und Freiheit 
einerseits und zwischen der Einheit und Gewalt andrerseits. WELCKER 
unterscheidet hiernach drei Grundkräfte des Staates, Die allgemeine innere 
Urkraft des Staats besteht in dem höchsten Grund- oder Verfassungsprinzip 
und Gesetz, d. h. der Grundidee, auf welcher das ganze staatliche Leben 
aufgebaut ist und die es beherrscht. Im konstitutionellen Rechtsstaat ist 
es als gemeinschaftliches Lebensprinzip des Volkes gemeinschaftliches, durch 
gemeinschaftliche nationale Bildung und Uebereinstimmung bestimmtes 
allgemeines innerliches Willensgesetz der Bürger, ein frei anerkanntes 
Willensgesetz; der sittliche Gesamtwille der Vereinigung, der zweite Bestand- 
teil des Staates, die äußere Erscheinungskraft besteht in dem Volkskörper. 
Dieser setzt sich zusammen aus den Einzelindividuen in ihrer 
Selbständigkeit mit ihrem individuellen Willen, gerichtet auf ihre besonderen 
Zwecke, sowie aus den selbständigen zwischenstaatlichen Verbänden, den 
Gemeinden und Familien. In ihm erhalten im freien Staat die 
einzelnen Persönlichkeiten und freien Vereine einen besonderen gleichteiligen 
Privatrechtskreis, um innerhalb desselben als freie autonomische Persönlich- 
keiten bestehen und ihre besondere individuelle Ueberzeugung und Bestimmung 
verwirklichen zu können. 
Die dritte Kraft, die Harmoniekraft, bildet im Staate die Re- 
gierung, sie repräsentiert die Einheit des Staates, indem sie den in 
seine einzelnen Bestandteile auseinanderstrebenden Volkskörper zusammen- 
hält. Am vollkommensten ist der Staat, in dem einerseits die Selbständig- 
keit und Vervollkommnung der einzelnen Bestandteile zu möglichster Aus- 
bildung gelangt ist, in dem aber auch andrerseits für ihre harmonische 
Vereinigung am besten gesorgt ist. Diese Vollkommenheit ist nach WELCKERS 
Meinung im konstitutionellen Rechtsstaat erreicht. 
Es ist nicht jedermanns Sache, sich in das Studium der umfangreichen 
Betrachtung einer antiquierten Lehre zu vertiefen; wer sich aber die Mühe 
nimmt, wird sich des eigenartigen Reizes einer derartigen Arbeit bewußt 
werden und seine Mühe durch reiche Belehrung und Anregung belohnt 
finden. K.v. Göz. 
Dr. Fritz Hawelka, Die Rechte an öffentlichen Wegen in 
Oesterreich (Wiener staatswissenschaftliche Studien, herausge- 
geben von Eduard Bernatzik und Eugen von Philippovich in Wien. 
Neunter Band, drittes Heft). Wien und Leipzig, Franz Deuticke, 
1910, XIl und 160 Seiten. 
Nach den guten Ansätzen, die das österreichische Wegerecht in den 
Arbeiten PERLMANNNs (Juristische Blätter 1903 Nr. 23—26, 1905 Nr. 8—12), 
NavıasKys (Allg. österr. Gerichtszeitung 1905 S. 205—208) und namentlich
	        
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