Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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Aus der letzteren Ansicht muß zweifellos eine stärkere Betonung des Zeit- 
moments beim Zustandekommen eines Gesetzes resultieren, da im Augen- 
blick des letzten Teilwillens der oder die ersten Teilwillen noch vorhanden 
sein müssen, woraus in starrer Konsequenz sich ergeben müßte, daß das 
Parlament, bevor nicht die Sanktion ausgesprochen ist, jederzeit den Be- 
schluß, den es gefaßt hat, rückgängig machen könnte. Das Unhaltbare 
dieser Konsequenz fühlt der Verf. auch. Denn er läßt das Parlament eine 
„angemessene“ Frist an seinen Beschluß gebunden sein. Eine derartige 
grundsätzliche Einschränkung des aufgestellten Prinzips ist widerspruchs- 
voll. Nachdem der Verf. durchweg betont hat, daß das Sanktionsorgan in 
jedem Augenblick zu prüfen hat, ob auch der zur Sanktion vorliegende 
Beschluß des Parlaments noch z. Z. Wille des Parlaments sei, mußte logischer- 
weise eine solche formelle Tatsache wie die Einschiebung eines modicum 
tempus als Wartezeit unberücksichtigt bleiben, zumal der Verf. an anderer 
Stelle sich auch nicht scheut, das Postulat aufzustellen, daß nach Auflösung 
des Parlaments alle vorher gefaßten, aber nicht sanktionierten Beschlüsse 
hinfällig werden. Das ist konsequent, wenn auch nicht vorbehaltlich 
richtig. 
Der Verf. fühlt, man kann eben ohne die von ihm geleugnete formelle 
Bestandskraft der Beschlüsse der Parlamente nicht auskommen. Die Be- 
ratungen der Sanktionsorgane z. B. des Bundesrats könnten ohne eine solche 
in ihrem letzten Stadium durch eine Zufallsmehrheit im Reichstag hinfällig 
gemacht werden. Auch würde man dem Bundesrat durch die jederzeitige 
Prüfung, ob der Wille des Reichstags noch derselbe sei, Aufgaben zu- 
weisen, denen er nicht gewachsen ist, auch nicht sein kann. Es muß also 
die formelle Bindung als Prinzip angesprochen werden, wielange? ist eine 
andere Frage. 
Und dann! Wer soll denn beurteilen, ob die Frist, die das Sanktions- 
organ für seine Entschließung in Anspruch nimmt, „angemessen“ ist oder 
nicht? Eine Frage, die der Verf. nicht beantwortet, auch bei seiner grund- 
sätzlichen Auffassung der Koordination der bei der Gesetzgebung mit- 
wirkenden Organe nicht beantworten kann, wenn er nicht sagen will, daß 
darüber das Sanktionsorgan selbst nach seinem pflichtgemäßen Ermessen 
entscheiden solle. 
Cöln. Otto Nelte. 
Urkunden zur Geschichte des Völkerrechts von Dr. Karl 
Strupp. 2 Bände mit 2 Karten, Gotha 1911, Friedrich Andreas 
Perthes. 
Die Bedeutung der Urkunden für das Völkerrecht ist unzweifelhaft. 
In dieser Disziplin stellen sie nicht nur praktische Beispiele einer abstrakten 
Doktrin dar, sondern über den Rahmen bloßer Illustration hinaus sind sie 
in ihrem größten Umfange bedeutsam als Rechtsquelle. Die Urkunden
	        
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