— 430 —
sind das Knochengerüst der ganzen Völkerrechtswissenschaft, ohne sie ist
‘ein Studium nicht denkbar, der augenblickliche Stand unverständlich.
Entsprechend der größeren Beachtung, die das Völkerrecht in dem
letzten Jahrzehnt gefunden hat, wird ein Werk, wie das vorliegende größtem
Interesse begegnen. Wahrlich kein kleines Unterfangen, das der Verfasser
unternommen hat: die Grundlagen für eine geschichtliche Erfassung des
Völkerrechts zu schaffen.
Durch die Betonung, daß das Werk eine Sammlung von Urkunden zur
Geschichte des Völkerrechts sein solle, hat der Verfasser sein Werk
auf eine wesentlich andere Basis gestellt, als dies vor ihm FLEISCHMANN
und v. RoLAnND getan haben. Diesen schwebte vor, das geltende Völker-
recht in seinen wichtigsten dokumentarischen Erscheinungsformen zu er-
fassen, und nur, soweit zum Verständnis des geltenden Rechts auf
weiter zurückliegende Epochen zurückzugreifen erforderlich schien, ist dies
geschehen. Daraus ergibt sich auch die grundsätzliche Verschiedenheit der
bisher erschienenen Urkundensammlungen gegenüber der vorliegenden.
Strupp kam es in erster Linie darauf an, daa Werden des Völkerrechts,
die Entwicklung der internationalen Beziehungen in Urkunden vor-
zuführen. Jene Werke sind in der Hauptsache systematisch geordnete
Rechtsquellen, dies zunächst eine chronologische Zusammenstellung aller
für den Werdegang der internationalen Beziehungen wesentlichen Doku-
mente. Jedoch hat der Verfasser in der richtigen Erkenntnis, daß ein
systemloses, rein chronologisches Aneinanderreihen zur Unübersichtlichkeit
führen müsse, seine primär chronologische Methode insofern modifiziert,
als er die Urkunden periodisch gegliedert und sie innerhalb der Perioden
systematisch geordnet hat. Es ist dies m. E. eine glückliche Verbindung
der beiden möglichen Methoden, die die Unübersichtlichkeit der chrono-
logischen Methode meidet und den Vorteil der möglichsten notwendigen
Vollständigkeit hat. Was den Umfang der gebotenen Urkunden anlangt,
so hat der Verfasser mit außerordentlichem Fleiß und gutem Blick nicht
mehr und nichts anderes aus der uferlosen Menge der in Betracht
kommenden Urkunden gewählt, als unbedingt nötig schien, um die Ent-
wicklung und den augenblicklichen Stand klar und vollständig erkennen
zu lassen. Dies aber in einer so lückenlosen Vollständigkeit, daß jeder,
der sich über die Fragen des Völkerrechts orientieren will, das Gesuchte
findet. Die Ausdehnung der Sammlung auf Urkunden nichtpoliti-
schen Inhalts ist naturgemäß gegeben, wenn man zur richtigen Erkennt-
nis der Entwicklung der internationalen Beziehungen kommen will. Ge-
rade in den letzten Jahrzehnten sind die Fäden, die sich zwischen den
einzelnen Staaten hin und her ziehen, immer dichter geworden und haben
die Welt durch die Unionen und durch Ausdehnung bestehender Verträge
auf Nichtvertragsstaaten mit einem wirklichen Kulturnetz umzogen. STRUPP
gibt gerade in dieser Hinsicht in seinem Werke eine reiche Auswahl der