— 47 —
ich habe zur Verdeutlichung dieser Analogie darauf hingewiesen,
daß solche Aenderungen zum Teil aus denselben Gründen er-
folgen, wie die Gebietsverschiebungen zwischen zwei Staaten: es
kann sich hier wie dort um eine aus Zweckmäßigkeitsgründen
eintretende Grenzregulierung oder um die nationale Aufteilung
der Bevölkerung handeln. FRICKER oder doch manche seiner
Anhänger statuieren ferner einen Unterschied zwischen dem Ver-
hältnis des Staates zum Kolonialgebiet und dem Staatsgebiet im
engeren Sinne und halten für das erstere die Eigentumstheorie
aufrecht. „Die deutschen Schutzgebiete gehören dem Reiche,
aber nicht zum Reiche“, sagt z. B. JELLINEK !". Nach meiner
Ansicht besteht ein solcher Unterschied keineswegs, die Verschie-
denheit in der Wirkungsweise des Staates in den Kolonien und
im Mutterlande fällt vielmehr nach meiner Auffassung ausschließ-
lich der personellen und der sachlichen Kompetenz anheim, in-
dem die Bewohner der Kolonien in der Regel nicht Staatsbürger
sind und die Aufgaben, die sich der Staat in den Kolonien stellt,
naturgemäß andere sind als in der Heimat. Daß der Sprach-
gebrauch der Gesetze den Ausdruck Staatsgebiet häufig nur auf
das Mutterland bezieht, kann hieran nichts ändern. Endlich
steht FRICKER !! hinsichtlich der Meeresfreiheit auf dem Stand-
punkt der herrschenden Lehre, welche jede Gebietshoheit auf
offenem Meere leugnet. Ich habe im Gegensatz hiezu ausgeführt,
daß das offene Meer das gemeinsame Gebiet, die gemeinsame
Kompetenzsphäre sämtlicher Staaten ist.
Man wird also wohl zugeben müssen, daß meine Auffassung von
der Lehre FRICKERsS ebenso unabhängig ist, wie von der von uns
beiden bekämpften Eigentumstheorie. Eher ließe sich behaup-
ten, daß ROSENBERGs Ansicht eine Variation der meinigen ist:
ihm zufolge bedeutet nämlich die Gebietshoheit im völkerrecht-
lichen Sinn das Verfügungsrecht über das Staatsgebiet und im
10 Staatsfragmente S. 17.
ta. a. 0. S. 62.