— 459 —
vollziehen. Stellt man dann weiter fest, daß der souveräne
Staat die unbeschränkte, der nichtsouveräne eine mehr oder
minder beschränkte Rechtsmacht über seine sachliche Kompe-
tenz hat, so erscheint auch die Frage unabweislich, ob dem Staate
nicht auch eine Rechtsmacht über seine beiden andern Kompe-
tenzen zusteht. Und diese Frage muß mindestens hinsichtlich
des souveränen Staates bejaht werden, da er ja unbestrittener
Maßen die Fähigkeit hat, sowohl die Voraussetzungen des Er-
werbes und Verlustes der Staatsangehörigkeit als sein konkretes
Gebiet selbst zu bestimmen. Was also ROSENBERG die Gebiets-
hoheit im völkerrechtlichen Sinne nennt, das ist nach meiner
Terminologie die staatliche Rechtsmacht über die Gebietshoheit.
Dieselbe Verwechslung wie bei ROSENBERG findet sich übrigens
auch bei Preuss, der bekanntlich die von ihm als Fähigkeit
zur (Gebietsbestimmung aufgefaßte Gebietshoheit zum Kriterium
des Staates im Gegensatz zur Gemeinde machen will.
Meiner Auffassung nähert sich ferner HARBURGER !*, der
die (tebietshoheit als die ausschließende Befugnis bezeichnet, die
Staatsgewalt überhaupt innerhalb des fraglichen Gebietes aus-
zuüben. Er stimmt mit mir insofern überein, als er nicht wie
FRICKER die Gebietshoheit mit der Staatsgewalt identifiziert,
sondern sie als ein logisches Prius der Staatsgewalt anzusehen
scheint. Daß er dafür den Ausdruck Befugnis gebraucht, macht
die Schwäche seiner Definition aus. Man fragt sich unwillkür-
lich: wie kann der Staat eine Befugnis haben die nicht schon
in der Staatsgewalt enthalten ist?
Sehr beachtenswerte Ausführungen über den Gegenstand
finden sich bei Duauıt!5. Trotzdem er nämlich scheinbar ganz in
Uebereinstimmung mit FRICKER dem Staate jedes von der Personen-
herrschaft verschiedene Herrschaftsrecht über das Gebiet abspricht
und das Gebiet zuerst als subjektives oder konstitutives Element des
1“ 4. f. 6. R. Band XVII 8. 155.
15 Manuel de droit public frangais 1, Droit constitutionnel S. 97 und 105.