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daß die beiden rivalisierenden Theorien einander aufs schärfste
widersprechen und daß daher ihre Kombination kein haltbares
Resultat ergeben kann.
OrTTo MAYER? äußert sich über unsere Frage folgender-
maßen: der Staat könne seinem Zweck, die Leiblichkeit der ge-
schichtlichen Erscheinung eines Volkes zu sein, nur dadurch
nachkommen, daß er für diese einen bestimmten Raum der
Erde in Anspruch nimmt und mit seiner Herrschaft erfüllt
Es sei unrichtig, von Gebietshoheit zu sprechen im Sinne
eines besonderen Hoheitsrechtes neben den anderen; alle Hoheits-
rechte üben sich aus nach Maßgabe des Gebietes. Wolle
man es recht spitz nehmen, so möge man auch den Ausdruck
Gebietsherrschaft verwerfen, insofern „herrschen“ eine
Rechtsbeziehung andeutet, bestehe sie nur gegenüber Menschen,
danach müßte man freilich auch das privatrechtliche Sachen-
recht anders nennen. Denn auch hier bestehe ja keine Rechts-
beziehung zur Sache. In beiden Fällen handle es sich aber doch
nur um eine kurze Bezeichnung für alle Möglichkeiten von
Rechtsbeziehungen, in welchen man von der Macht über Gebiet
oder Sache aus zu Menschen treten kann. Die Analogie zwi-
schen der Gebietshoheit und dem Eigentumsrecht gibt OTTO
MAYER zu. Aber deswegen sei die Gebietshoheit doch nicht so
einfach das ins Öffentlich rechtliche übersetzte privatrechtliche
Eigentum. Hier stehe noch das öffentliche Eigentum dazwischen,
das in der Tat nichts anderes ist als diese unmittelbare Ueber-
setzung. Daher auch der Uebergang von öffentlichem Eigentum
in privatrechtliches und umgekehrt. Beim Gebiet treffe das
nicht zu, die Analogie sei eine entferntere. OTTO MAYER em-
pfiehlt schließlich als den richtigen Mittelweg, „gegen verglei-
chende Bezeichnungen nicht allzu streng zu sein, aber auch nicht
mit solchen vergleichenden Ausdrücken allzu leicht die wesent-
lichen Unterschiede totschlagen zu wollen“. Es sind dies Aeus-
2? Staatsrecht des Königreichs Sachsen 8. 18.
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