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seits spricht man von einer Exterritorialität, aber nicht von
einer Unverletzlichkeit fremder Kriegsschiffe usw. Eine andere
Frage ist aber, ob man überhaupt noch den Gesandten Unver-
letzlichkeit im Sinne eines subjektiven Rechtes zuschreiben kann.
Für das römische Recht bemerkt ein neuerer französischer
Schriftsteller gewiß mit Grund: „L’inviolabilit& des ambassadeurs
etait reconnue parce qu’ils etaient les hötes du peuple romain
et non parce qu’ils representaient des Etats souverains“?®. Die
Unverletzlichkeit des Gesandten ist also ein Begrifi, der dem
Gastrecht angehört, sie ist das Gegenstück zur ursprünglichen
Rechtlosigkeit der Fremden. Die Stellung des Gesandten hat
sich von der der sonstigen Fremden ungefähr so unterschieden,
wie noch heute die eines Parlamentairs von der der übrigen
Angehörigen der feindlichen Wehrmacht. Heute kann man aber
mit Fug sagen: Jeder Fremde ist unverletzlich. Es kann daher
mit der heutigen Unverletzlichkeit der Gesandten nur eine ge-
steigerte Garantie der Fremden wie Inländern überhaupt zukom-
menden Unverletzlichkeit, mit andern Worten der erhöhte Straf-
schutz jener Funktionäre gemeint sein. Das ist ja auch — wenn
man von gewissen, ernstlich nicht in Betracht kommenden Exe-
kutionsschritten wie Personalarrest und dgl. absieht — der ein-
zige greifbare Inhalt der monarchischen Unverletzlichkeit.
Diese Eigenschaft der (Gesandten ist daher kein subjektives
Recht, das ihnen zustünde, sondern es handelt sich um einen
gesetzgebungspolitischen Grundsatz, um ein Prinzip de lege fe-
renda. Ein subjektives Recht kann man diesfalls höchstens dem
Absendestaat beilegen, insofern dieser beanspruchen kann, daß
der gesetzliche Strafschutz seines Gesandten wenigstens nicht ge-
ringer sei als der des Inländers, und daß ein konkretes Delikt
gegen den Gesandten auch wirklich bestraft werde. Die Ent-
wicklung der Exterritorialität hängt bekanntlich mit dem Aufkom-
men ständiger diplomatischer Vertretungen zusammen, das seiner-
23° Delepoulle, Expose theorique de la fiction d’exterritorialite S. 13.