— 45 —
Souveränität war, wie besonders JELLINEK ausgeführt hat?®, von
Haus aus ein polemischer, ein Kampfbegriff; nicht etwas Seien-
des, sondern etwas Sein-sollendes entsprach ihm. Er wurde dazu
aufgestellt, um mit allen Exemptionen, Immunitäten und Privi-
legien, die sich der erstarkenden Fürstenmacht entgegenstellten,
aufzuräumen, also um Fürst und Staat erst souverän zu machen.
Wie kann es nun Ausnahmen von der Souveränität geben, wenn
dieser Begriff nur ersonnen wurde, um mit allen Ausnahmen zu
brechen? Da gab es in der Tat kein anderes Mittel, als zu
fingieren, daß derjenige, der nicht de territorio war, sich auch
nicht in territorio befinde. Ebenso nahe gelegt wurde aber die
Fiktion durch einen zweiten, sich mit der Souveränität aufs
engste berührenden, ja in der Zeit, um die es sich handelt, von
ihr kaum noch geschiedenen Begriff — die als dominium auf-
gefaßte Territorialhoheit. Auch dieses Recht ist seiner Natur
nach absolut und exklusiv, was man in neuerer Zeit treffend
mit den Worten ausgedrückt hat: der Eigentümer hat kein Recht
nicht. Wie sollte nun die Theorie der Tatsache gerecht werden,
daß von dieser allumfassenden Herrschaft, die mit dem Terri-
torıum auch die darauf befindlichen Personen wie ein Zubehör
desselben ergriff, gleichwohl einige dieser Personen ausgenommen
sind? Es ist begreiflich, daß man die Schwierigkeit durch Auf-
stellung jener Fiktion gleichsam zu umgehen suchte, zumal die
wissenschaftliche Wertlosigkeit eines solchen Verfahrens selbst
heute noch nicht allen Juristen zum Bewußtsein gekommen ist.
Ist man doch aus ganz ähnlichen Gründen zur Aufstellung der
Territorialitätsfiktion bei den Schiffen gelangt, an der die herr-
schende Lehre noch heute festhalten zu müssen glaubt!
Trotz aller Widersprüche, zu denen der Exterritorialitäts-
gedanke führt, und trotz aller Versicherungen, daß man seiner
gar nicht bedürfe, ist es auch vom Standpunkt der modernen
3 Vgl. die Geschichte des Souveränitätsbegriffes in der Allgemeinen
Staatslehre 14. Kap.