Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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oder aus Anlaß der Ausübung der Pflichten dieses ihres Amtes 
begangen werden. 
Eine solche Schlußfolgerung ist — theoretisch — um so zu- 
lässiger, als der Ausdruck „bei der Ausübung oder aus Anlaß 
der Ausübung von Pflichten“, wie wir weiter unten sehen werden, 
eine Neuerung darstellt, da bis zur Veröffentlichung des Organi- 
sationsgesetzes der Reichsduma er nur den Fällen gegenüber Anwen- 
dung fand, wo eine Amtsperson der durch das Verbrechen ge- 
schädigte, nicht aber der schuldige Teil war. 
Also ist der Inhalt beider Artikel unabhängig von einander 
festzustellen und muß zuerst die Bedeutung und der juristische 
Sinn von Art. 14 bestimmt werden. 
Hierher sind drei Möglichkeiten vorhanden. 
1. Art. 14 gewährt denV olksvertretern völlige Unverantwortlich- 
keit, d. h. absolute Straflosigkeit für jegliche Reden, geäußerte 
Meinungen usw. unter der Bedingung, daß solches bei der Aus- 
übung ihrer Pflichten geschah. 
2. Art. 14 verschafit den Mitgliedern der Reichsduma 
keinerlei bevorzugte Stellung. Für jegliche Wortdelikte können 
sie, wenn auch nur unter Beachtung bestimmter Formalitäten, 
zur Verantwortung gezogen werden. 
3. Art. 14 legalisiertt eine beschränkte Verantwort- 
lichkeit. 
Hier sind wieder drei Abstufungen denkbar: 
a) daß dieses Vorrecht sich bloß auf bestimmte Kategorien 
von Delikten bezieht, ohne sich auf andere auszudehnen ; 
b) daß Art. 14 nicht die allgemeine strafrechtliche Verant- 
wortlichkeit im Auge hat, sondern eine besondere (disziplinari- 
sche, gegenüber bestimmten Personen [z. B. Wählern] oder In- 
stitutionen!? usw.); 
c) daß das Unverantwortlichkeitsprinzip sich bloß auf solche 
10 Für gewählte Mitglieder des Reichsrates.
	        
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