Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

— 4983 — 
gesetzt sind.“ Endlich enthielt der Art. 25 ein Verbot, Mit- 
gliedern der Reichsduma irgend welche Verpflichtungen aufzu- 
legen oder von ihnen Rechenschaft für ihre Handlungen zu ver- 
langen. Nach der dem Entwurf beigelegten erläuternden Denk- 
schrift verfolgten diese Artikel den Zweck, „den Abgeordneten 
die volle Gewißheit zu sichern, daß ihre Person keinerlei Zwangs- 
einwirkungen oder Beeinflussungen ausgesetzt sei, weder von Seiten 
der Wähler, noch von Seiten der administrativen Behörden °°. 
Im allgemeinen approbierte der Ministerrat diese Artikel, 
erachtete es aber für nötig noch präziser den Gedanken auszu- 
drücken, daß von Mitgliedern der Reichsduma in dieser Eigen- 
schaft geäußerte Meinungen und Urteile völlig frei 
sind?!. Augenscheinlich in dieser Ansicht wurde der Text des 
Art. 37 des Bulyginschen Entwurfes etwas geändert und erhielt 
die Fassung, wie sie im geltenden Organisationsgesetz der Reichs- 
duma figuriert (Art. 14), wobei der Artikel selbst aus dem Kapitel 
III („Kompetenzbereich der Reichsduma‘“) in den Abschnitt III 
„von den Mitgliedern der Reichsduma“ verlegt werde. 
Auf diese Weise ist die jetzige Fassung des Art. 14 nicht 
zufällig entstanden: seine Verfasser hatten die bestimmte Absicht 
eine „völlige Freiheit der Meinungsäußerung“ zu schaffen und 
zu der Freiheit, wie sie den Mitgliedern des Reichsrates zukam, 
noch ein gewisses Plus hinzuzufügen. 
Das sind nun die Resultate einer historischen Interpretation 
des Artikels 14 des Organisationsgesetzes der Reichsduma. Sie 
sind rein negativer Natur. „Die Freiheit der Meinungsäußerung 
der Volksvertreter“ ist nicht gleichbedeutend mit der „Freiheit“ 
der Mitglieder des Reichsrates. Darüber kann kein Zweifel sein. 
Worin besteht nun der Unterschied, jenes Plus, welches den 
Mitgliedern der Reichsduma Art. 14 ihres Organisationsgesetzes 
gewährt ? 
20 Materialien, S. 1445. 
21 jbid., S. 12.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.