Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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bloß im Zusammenhang mit einer Einführung des am 22. März 
1903 Allerhöchst bestätigten Strafgesetzbuches im vollen Um- 
fange desselben und einer in nächster Zeit bevorstehenden Um- 
arbeitung des Statutes des Reichsrates zwecks Vereinheitlichung 
desselben mit dem Organisationsgesetz der Reichsduma und dem 
Gesetze vom 20. Februar 1906“ *?. Auf Grund solcher rein 
formeller Erwägungen gaben die Departements den Gedan- 
ken, den Art. 1076 der Strafprozeßordnung zu ergänzen, auf. 
Bald darauf erschien jedoch das neue Organisationsgesetz des 
Reichsrates (24. April 1906), wobei der $ 4 d. Art. 68 seine 
oben angeführte Fassung erhielt. Danach wurde, zwar im Ko- 
difikationswege, der Art. 1076 Strafproz.-Ord. modifiziert, in- 
dem hinzugefügt wurde, daß für Amtsverbrechen auch 
die Mitglieder der Reichsduma dem obersten Kriminalgericht 
unterstehen *°. 
Auf diese Weise kann es keinem Zweifel unterliegen, daß 
die besondere Ordnung, welche in den Art. 87—95 des Organi- 
sationsgesetzes des Reichsrates dargelegt ist, sich ausschließlich 
auf die Kategorie von Rechtsverletzungen bezieht, welche Amts- 
verbrechen heißen. Gemeine Delikte, die von Amtspersonen so- 
gar bei der Ausübung ihrer Pflichten begangen werden, gehören 
in keinem Falle dahin. Dieses gilt sowohl für die Mitglieder 
#2 Bericht, S. 871. Ueber die im Reichsrate stattgefundenen De- 
batten wegen Einführung besonderer Disziplinarbehörden siehe den Bericht 
für 1904—1905, S. 451ff. Laut Beschluß des Reichsrates sollte der Entwurf 
zu einem Kodex amtlicher Delikte, nach einer den Allerhöchsten Resolu- 
tionen entsprechenden Umarbeitung desselben, nochmals dem Kaiser zur 
Bestätigung unterbreitet werden. Ibid. S. 500. 
#3 Die jetzige Fassung des Art. 1076 ist keineswegs, wie v. RAISON meint, 
das Produkt einer freien Kodifikation, welches nicht als Material bei einer 
Interpretation des Art. 22 d. Organisationsgesetzes der Reichsduma und 
P. 4 d. Art. 68 d. Organisationsgesetzes des Reichsrates dienen kann. Im 
Gegenteil, bringt sie genau den Gedanken des Gesetzgebers zum Ausdruck, 
welcher hinsichtlich der Gerichtsbarkeit Amtsverbrechen und Ver- 
brechen bei der Ausübung von Pflichten gleichstellt.
	        
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