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deutlichen Willen statt, verlorenes wiederzugewinnen, das heißt,
wie oben schon ausgeführt wurde, den alten verfassungsrecht-
lichen Zustand und damit auch die Geltung der international
paktierten Gesetze über die sogenannten gemischten Gerichte
wieder aufleben zu lassen.
Trotzdem läßt sich, scheint mir, dogmatisch deduzieren, daß
dieses Wiederaufleben nur ein bedingtes war. Nur solange es
der Macht, die Aegypten bei der Wiedereroberung finanziell
und militärisch half, gefallen mochte, mit der Geltendmachung von
Erobererrechten zurückzuhalten, konnte und mußte die ägyptische
Verfassung mit ihren international paktierten Institutionen wie-
deraufleben. Definitiv hätte das Recht der miterobernden Macht,
eine andere Regelung zu verlangen, nur durch Verzicht verloren
gehen können.
Einen solchen Verzicht schon aus dem Gestatten der Wieder-
einführung ägyptischer Verfassungsnormen zu entnehmen, geht
nicht an. Das hieße, das Staatsrecht aus dem Verwaltungsrecht
erklären. Eine Verwaltungsorganisation kann niemals einen
staatsrechtlichen Zustand begründen. Aus der Tatsache lang-
jähriger Regierung oder Mitregierung eines Landes das Ein-
schlafen der Souveränität, die einem andren Staat über dieses
Land zusteht, folgern zu wollen, wäre unlogisch (ein Denk-
fehler, der allerdings dem mitunter mehr verwaltungsrechtlich
als staatsmänisch geschulten Publizisten leicht unterlaufen mag)
— die Staatsrechtslehre darf nur zugeben, daß fremde Sou-
veränität durch gegen sie gerichtete Akte zerstört werden kann.
Also war Großbritannien im Jahre 1899 in der Lage, durch
einen Staatsvertrag mit Aegypten festzusetzen, ob das gemein-
sam zurückeroberte Sudangebiet zu Aegypten gehören sollte
oder nicht und wenn nicht, was damit zu geschehen hatte —
alles dies ohne jede Rücksicht auf die besondere Stellung Eng-
lands in Aegypten und der ägyptischen Regierung gegenüber.
Nur betreffs der niemals abgefallenen Bezirke Suakim und