Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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gibt, kaum befriedigend, wenigstens als juristische Lösung. Der Selbst- 
erhaltungsbegriff ist zu unbestimmt, um als condicio juris den Verträgen 
immanent zu sein, und der von Kaufmann entwickelte Staatsbegriff ist eine 
ethische und zudem in ihrer Realisierbarkeit zeitlich bedingte Größe und 
deshalb kaum geeignet, zur Grundlage des Völkerrechts (im Gegensatz zu 
einer Völkermoral) genommen zu werden. 
Eine Kritik würde aber hier viel zu weit führen. Auch gibt das Vor- 
stehende nur ein sehr dürftiges Bild des Gedankenreichtums der Schrift, 
die jedem, der sich für die Probleme, auch des Rechtes im allgemeinen, 
interessiert, etwas zu sagen hat. Max Huber. 
Giorgio Del Vecchio, Ilfenomeno della guerraellidea della 
pace. Seconda edizione. Torino 1911. pp. 99. 
Der große Aufschwung, den die juristische Literatur in Italien in den 
letzten Dezennien genommen hat, ist auch für das Völkerrecht fruchtbar 
gewesen. Neben einer großen Zahl angesehener systematischer Darstel- 
lungen hat Italien eine reiche Fülle wertvoller völkerrechtlicher Mono- 
graphien hervorgebracht, und in der Rivista di diritto internazionale, unter 
der verdienstvollen Leitung von Anzilotti und Ricci-Busatti, wird das inter- 
nationale Recht in hervorragender Weise gepflegt. In dieser Zeitschrift ist 
auch das hier angezeigte Buch zuerst erschienen. 
Die Abhandlung Der Veccaio’s ist ursprünglich eine akademische Fest- 
rede gewesen. Sie will deshalb das Problem, das sie sich zur Untersuchung 
gestellt hat, nicht erschöpfend behandeln, sondern lediglich die dominieren- 
den Gedanken entwickeln und zu den Grundfragen Stellung nehmen. In 
dem engen Rahmen, der dem Autor gesteckt war, bietet er aber viel, so- 
wohl klare und besonnene Gedanken, wie auch in den Anmerkungen ein 
reiches, literarisches Quellenmaterial. So viel auch über das Problem Krieg 
und Frieden und über Natur und Grundlagen des Völkerrechts geschrieben 
wird, so wenig wirklich wissenschaftliche, nicht bloß apologetische oder 
sonstige tendenziöse Schriften über das Kriegs- und Friedensproblem gibt 
es. Auch da, wo wir es mit ernsthaften, nicht von vorgefaßten Meinungen 
ausgehenden Darstellungen zu tun haben, ist doch meistens die Darstellungs- 
weise eine einseitige, entweder eine rein ökonomische, oder rein ethische 
oder sonst irgendwie spezielle. DEL VECCHIO aber versucht in einer um- 
fassenden Analyse der auf diesem Gebiete hervortretenden Gedanken die 
Grundlagen zu einer rein objektiven Synthese zu gewinnen. 
In einem ersten Teile skizziert der Verfasser den Entwicklungsgang des 
Krieges in der Menschheitsgeschichte, von den Urzeiten, von den intertri- 
balen Kämpfen, bis zu den kriegerischen Auseinandersetzungen unter den 
modernen Kulturstaaten. Dabei hebt er namentlich die Vorteile hervor 
welche zwar nicht der hauptsächliche oder überhaupt ein bewußter Zweck
	        
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