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reichische bedarf aber noch mehr als das einheitlicher gefügte preußische
der Möglichkeit des ordnenden Eingreifens der Staatsverwaltung in die
kommunale Tätigkeit. Das einheitliche Zusammenwirken von Staats- und
lokaler Selbstverwaltung im Interesse beider zu erleichtern, bildet demnach
längstens einen wesentlichen Programmpunkt der Bestrebungen zur Re-
form der österreichischen Verwaltung, zu deren Verwirklichung beizutra-
gen Dr. REepLicH als Mitglied der jüngst ins Leben gerufenen kaiserlichen
Reformkommission berufen sein wird. Dr. von Herrnritt.
Prof. Dr. Harold Steinacker, Zur Frage nach der rechtlichen
Natur der österreichisch-ungarischen Gesamtmon-
archie. Wien, Leipzig.
Diese in der „österr. Rundschau“ (Bd. XXIII), später auch als Sonder-
abdruck erschienene Abhändlung ist eine Streitschrift gegen den als Fest-
gabe für die in Budapest im J. 1908 stattgefundene Tagung der „Inter-
national Law Association“ nach einem 1904 in St. Louis gehaltenen Vor-
trage über die rechtliche Natur der Beziehungen zwischen
Oesterreich und Ungarn bestimmten Essay des bekannten ungari-
schen Staatsmannes Grafen Albert Apponyi. Dadurch istihr Gedankengang
und auch der scharfe Ton bedingt, welchen Verfasser bei Widerlegungen
der Thesen Apponyis anschlägt: daß die österr.-ung. Monarchie sich nach den
Ausgleichsgesetzen des Jahres 1867 lediglich als ein auf die Gemeinsamkeit
der Dynastie gestütztes dauerndes Bündnis zur Sicherung der wechsel-
seitigen Verteidigung darstelle, dessen Apparat, insbesondere die Gemein-
samkeit der äußeren Vertretung und der Heeresverwaltung ebenso ein-
seitig durch ein ungarisches Gesetz geändert werden könnte wie er durch
ein solches (Ges. Art. XIl ex 1867) geschaffen worden ist; daß die österr.-ung.
Monarchie demnach bloß als die „Möglichkeit eines Zusammenwirkens* zu
obigem Zwecke ohne eigene Rechtspersönlichkeit zu betrachten sei. — Be-
kanntlich ist der Streit um die rechtliche Natur des „staatsrechtlichen Aus-
gleiches“ von 1867, der durch zwei zeitlich und leider auch textlich nicht
zusammenfallende Gesetze, ein ungarisches und ein reichsratsländisches, zu-
stande gekommen ist, keineswegs ein bloß akademischer, sondern die bei-
den einander entgegengesetzten Positionen, einerseits die einheitliche
Rechtspersönlichkeit des Reiches nach außen, andererseits eine
bloß parallele Gesetzgebung zweier souveräner, unter einer Dyna-
stie stehender Staaten, bilden politische Parteiprogramme, deren Kollision
eine Quelle beständiger Reibung bildet und eine kräftige äußere Politik
der Monarchie vielfach erschwert. Verfasser unternimmt nun auf histori-
schem und dogmatischem Wege den Nachweis, daß auch die Gesetzgebung
des Jahres 1867 nach der Intention ihrer Schöpfer (Deäk) die frühere Ein-
heitdes Reiches nach außen unversehrt erhalten und bloß der