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lich der Anerkennung ihrer Satzungen ausgesetzt sein. Soweit es sich aber
um güter- ehe- und erbrechtliche Satzungen handelt, stimme ich prinzi-
piell REHM vollkommen bei. Das wäre wenigstens für unsere Tage die klare
Negierung eines gemeinen, d. h. alle Häuser bindenden Fürstenrechts
und die Anerkennung einer Befugnis jedes einzelnen Hauses, zu bestimmen
was es will; selbstverständlich innerhalb der verfassungsrechtlichen for-
mellen Grenzen, bei den standesherrlichen Häusern also vorbehaltlich der
Genehmigung durch den Landesherrn. Diesen Standpunkt habe ich bereits
in aller Schärfe in meinen „Grenzen des Fürstenrechts“, 1906, vertreten,
ohne bisher viel Anklang damit zu finden und, damals, unter lebhafter Zurück-
weisung REHMs! — Der praktische Vorteil, der sich daraus für die stan-
desherrlichen Häuser ergibt, ist, daß sie sich eigenmächtig als juristische
Personen konstituieren und damit z. B. die Behörden, die ihre Hausgüter
als Eigentum des Familienchefs behandeln, zwingen können, das „Haus“
als Eigentümer anzuerkennen, etwa bei Grundbucheintragungen; natürlich
wiederum innerhalb der heute für den Geltungsbereich der standesherrlichen
Autonomie bestehenden formellen Grenzen (S. 76). Tatsächlich werden diese
Häuser heute schon in der Regel so behandeltin Bayern, Württemberg, Baden
(S. 75). — REHMs Schrift bietet im übrigen eine interessante gut durchge-
führte Polemik gegen die Beseler-Gierkesche Theorie von der aus dem
Mittelalter stammenden Korporationsnatur reichsständischer Familien. Die
dogmatischen Ausführungen halten sich streng an die tatsächlich erlassenen
ehemaligen oder geltenden Satzungen der einzelnen Häuser. Schon das
ist ein Fortschritt; zog es doch bis in allerletzte Zeit die Theorie meist
vor, ausgehend von den im sogenannten gemeinen Fürstenrecht niederge-
legten gelehrten Ansichten, die durch eine eng begrenzte Zahl von Bei-
spielsfällen illustriert waren, Entscheidungsnormen aufzustellen; diese in der
Literatur förmlich stereotyp gewordenen Beispielsfälle durch erschöpfende
Zusammenstellung des ganzen in der Praxis niedergelegten Erkenntuisma-
terials zu ergänzen, gaben sich wenige die Mühe, und so sah man nicht,
daß man (für Vergangenheit und Gegenwart) oft genug die Lehren neben
dem unzweifelhaft geltenden praktischen Rechtszustand herbaute. Für die
Vergangenheit kommt REHM zu dem Resultat, daß in den dreißiger Jahren
des 19. Jahrhunderts die Rechtsüberzeugung zu einer allgemeinen gewor-
den sei, das Haus als juristische Person sei Eigentümer der Standesherr-
schaft und überhaupt aller Hausgüter (S. 39). Ich halte selbst diese Kon-
zession an das „gemeine“ Fürstenrecht nicht für stichhaltig. — Abwegig
ist der Versuch Renums, Fideikommis im engeren Sinne (auf Rechtsge-
schäft beruhend, unter Fideikommisrecht stehend) und im weiteren Sinne
(Stammgut, durch autonomischen Akt errichtet, unter hochadeligem Haus-
recht stekend) zu unterscheiden (8. 43). Die juristische Form des Fidei-
kommisses ist überall eine der Formen, in denen sich der Gedanke des unteil-
baren oder unveräußerlichen oder durch Konzentration der Einkünfte auf