Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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Verwaltungsrechts unterscheiden sich nicht nur durch die verschiedene Me- 
thode, in der sie denselben Rechtsstoff verarbeiten, sondern zunächst schon 
dadurch, daß sie überhaupt einen verschiedenen Rechtsstoff zum Gegenstand 
ihrer Darstellung haben. OrTTo MAYER gibt in seinem feindurcharbeiteten 
deutschen Verwaltungsrecht ebenso wie FLEINER in seinen kürzlich er- 
schienenen trefflichen Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts eine 
Lehre darüber, wie sich die verwaltende Tätigkeit im Staat vollzieht. 
Gegenstand ihrer Darstellung sind die Normen über die Art der staatlichen 
Funktion, die Normen darüber, wie, mit welchen Mitteln, in welchen Formen 
verwaltet wird. Aber daneben gibt es noch eine Normengruppe, die man 
für sich auch unter einem einheitlichen Gesichtspunkt zusammenfassen 
und mit den erstgedachten zusammen im Ganzen wohl unter einen weiteren 
Begriff des Verwaltungsrechts bringen kann. Das sind die Normen darüber, wie 
die ım staatlichen Gemeinwesen auf den verschiedenen Gebieten erscheinen- 
den menschlichen Lebensbetätigungen in Beziehung zum Staat gesetzt werden, 
die Normen, in denen das Interesse zum rechtlichen Ausdruck kommt, 
welches der Staat an der Gestaltung dieser verschiedenen Lebensäußerungen 
nimmt, und die damit den Gegenstand und Umfang der Öffentlichen Ver- 
waltungstätigkeit bestimmen. (Gegenstand der Lehre dieses Verwaltungs- 
rechts sind z. B. die Normen über das staatliche Eingreifen in die Regelung 
der Rechtsverhältnisse der natürlichen und juristischen Personen, über die 
öffentliche Mitwirkung bei allen Tätigkeiten zur körperlichen Erhaltung, 
geistigen Bildung und wirtschaftlichen Förderung des Volkes: das, was man 
in Sonderbezeichnungen z. B. unter Sozialgesetzgebung, Schulrecht, Agrar- 
recht, Gewerberecht usw. zusammenfaßt, aber nur soweit die öffentlich 
rechtliche Normierung in Betracht kommt. Auf die Darstellung dieses 
Rechtsstoffs ist das Absehen jener beiden Lehrbücher des Verwaltungsrechts 
überhaupt nicht gerichtet. Eine wenn auch nur oberflächliche Uebersicht 
darüber gehört aber unbedingt auch zur systematischen Ausbildung des 
Juristen. Wenn es auch bei den jetzigen Studienplänen nicht möglich 
ist, daß der Studierende von dem Öffentlichen Recht eine annähernd so 
vollständige Kenntnis erhält wie von dem Privatrecht, so muß er doch 
wenigstens eine ungefähre Vorstellung davon bekommen, ob und unter 
welchen Gesichtspunkten für die verschiedenen Lebensgebiete öffentlich- 
rechtliche Normen erlassen sind. Und zwar ist dies nicht nur notwendig 
für den Juristen, der in die allgemeine Staatsverwaltung oder in eine 
Spezialverwaltung treten will, sondern auch für den künftigen Richter, 
Staatsanwalt und Rechtsanwalt. Die Gerichte haben ja zum Teil in der sog. 
freiwilligen Gerichtsbarkeit selbst Verwaltungstätigkeit, sie haben bei der 
Ausübung des sog. Verwaltungsstrafrechts jenes Verwaltungsrecht anzu- 
wenden, sie kommen in der Praxis schließlich mit allen Verwaltungsgebieten 
in Berührung. Die oft beklagte sogenannte Weltfremdheit junger Richter 
besteht manchmal nur in der Unkenntnis unseres Öffentlichen Rechts, wie 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXVIII 4. 38
	        
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