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Staaten, auch im wesentlichen den Inhalt der neuen Verwaltungsgesetze
nachgetragen. So wird das Buch auch in der Neuauflage zum Nachschlagen
nützliche Dienste leisten.
Jena. Niedner.
Dr. E. Wulffen, Psychologie des Verbrechers. 2 Bde. Groß-
lichterfelde, Verlag P. Langenscheidt. 1908.
In der von P. Langenscheidt herausgegebenen Enzyklopädie der mo-
dernen Kriminalistik eröffnet den Reigen der Beiträge WULFFENsS zwei-
bändige Psychologie des Verbrechers. Mit ihr wendet sich der Verf. über
den Kreis der Berufsjuristen hinaus an das gebildete Laienpublikum, um
es „wissenschaftlich über die wirklichen inneren Zustände des rechtsbre-
chenden Menschen aufzuklären“. Da aber der Verf. sich in demselben
Atemzug einhält, daß ja die Zeit zur Lösung dieser Aufgabe einer Psycho-
logie des Verbrechers noch nicht gekommen ist, steckt er sich sein Ziel
nunmehr dahin, „mit Hilfe der bisherigen wissenschaftlichen Ergebnisse
eine zusammenfassende Darstellung alles dessen zu versuchen, was bisher
für eine kommende Psychologie des Verbrechers geleistet worden ist“.
(Vorwort S. IH, IV.) Diese Arbeit hat er mit gewandter Feder und hin-
gebendem Fleiß in acht Kapiteln zu bewältigen unternommen, die sich
beschäftigen mit 1. Physiologie und Psychologie; 2. Psychiatrie; 3. Anthro-
pologie; 4. Statistik; 5. Ethik; 6. Charakterologie; 7. Psychologie des Ver-
brechens und Verbrechensspezialisten; 8. Psychologie im Strafverfahren
und im Strafvollzug.
Kritisch zu diesen Ausführungen in dieser Zeitschrift Stellung zu nehmen
ist weder Raum noch Anlaß. Nur auf zwei Punkte sei hier kurz hingewiesen.
In dem nicht eben tief fundierten Kapitel über Ethik kommt Verf. in einem
eigenen Abschnitt auf den „Staat und die Sittlichkeit“ zusprechen. Er will hier-
bei zeigen, ein wie schwacher Hort der Sittlichkeit auch der moderne Staat
sei und exemplifiziert dafür u. a. auf die Tatsache, daß der Staat politische
und militärische Spionage treibe (II, 77), daß sein Zivilprozeßverfahren so
umständlich und kostspielig gestaltet sei, daß in vielen Fällen Recht zu
Unrecht und Unrecht zu Recht wird (II, 81), daß der Staat, der den Kuppler
in Geldstrafe nimmt, sich von dessen unsittlichem Gewerbe bereichere
(II, 78). Bedarf auch dieses letzte Argument keiner ausdrücklichen Wider-
legung (der strafende Staat spekuliert nie auf klingenden Gewinn), so ist
dem ersten Einwand entgegenzuhalten, daß es schlechterdings nicht angeht,
an den Staat als den Schlußstein aller sittlichen Ordnung mit den Normen
der den Einzelnen im Staate betreffenden Moral heranzutreten (vgl. die
treffliche Kanzlerrede RÜMELINs, Reden und Aufsätze I, 144), und weiter
gegenüber dem zweiten Beispiel zu betonen, daß alle Rechtsinstitute nur
nachihrem durchschnittlichen Funktionieren, nimmermehr nach Maßgabe