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sein. Daß unsere Ansicht, die in Art. 1 ein verdecktes Prinzip
sieht, die richtige ist, erhellt auch, wenn man in Erwägung zieht,
daß die Anregung in der Kommission, E.-L. wirtschaftliche
Bundesratsstimmen zu verleihen, abgelehnt wurde. Eine Ver-
leihung s o modifizierter Stimmen wäre aus tatsächlichen wie recht-
lichen Gründen unmöglich gewesen.
Aus tatsächlichen Gründen, weil eine strenge Scheidung der
Materien in wirtschaftliche und politische bei der Wechselwirkung,
in denen beide Gebiete stehen, nicht möglich ist, und auf die
Dauer entweder zu einer allzu extensiven Interpretation auf alle
Gebiete, die nur in irgend einer Weise mit wirtschaftlichen Ge-
sichtspunkten in Beziehung gebracht werden können, oder zu
einer allzu restriktiven Interpretation auf dien ur wirtschaftlichen
Fragen geführt haben würde. Bei der ersten Interpretation
würde annähernd der heutige Zustand praktisch erreicht
worden sein, ohne rechtlich so gewertet zu sein, im zweiten
Falle dagegen würde der bis dahin bestehende Zustand nicht
erheblich verändert worden sein, da die Stimmen als eine Aus-
nahmeerscheinung aufzufassen gewesen wären: das bisherige kon-
sulative Votum wäre auf demselben Gebiete in eine dezisive Form
gebracht worden.
Staatsrechtlich würde sich diese Beschränkung auf wirtschaft-
liche Stimmen als ein Unding dargestellt haben. Denn rechtlich
ist nur ein Votum oder kein Votum denkbar. Aber ein quanti-
tativ geteiltes Votum ist undenkbar. Man hätte auch in diesem
Falle nicht von einer Ausnahme gegenüber der Regel sprechen
können, wie es der Fall gewesen wäre, wenn man in bestimmt
bezeichneten Fällen ein dezisives Votum gegeben hätte, sondern
es wäre ein selbständiges, mit eigenem Umfang versehenes Votum
gewesen, das sich rechtlich nicht qualifizieren ließe. Das Deutsche
Reich ist nicht nur eine wirtschaftliche Gemeinschaft, sondern
seine Bedeutung beruht in erster Linie in der politischen Zusam-
menfassung der deutschen Staaten. Wenn also ein Einzelstaat