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nicht im mindesten von der unsrigen ab. Ob aber die zweite
Kammer nach dem jüngsten Gesetz eine eigene Kammer Elsaß-
Lothringens ist oder ebenso wie der Landesausschuß ein Organ
des Reichs, läßt sich ebensowenig aus seinem Ursprung erweisen,
als vielmehr aus seiner Kompetenz oder aus der Tatsache,
daß Elsaß-Lothringen Staat ist. Da das letztere das thema pro-
bandum ist, bleibt uns nur der erste Weg.
Hierzu bedarf es des Vergleichs des augenblicklichen Standes
der Gesetzgebung für Elsaß-Lothringen mit der für die übrigen
Einzelstaaten oder, mit andern Worten, der Untersuchung, ob
die Kompetenzabgrenzung zwischen Reich und Elsaß-Lothringen
in ihrem Ursprung und ihren Wirkungen dieselbe ist.
Aus der Natur des Bundesstaates ergibt sich eine Scheidung
der Materien in verschiedene Kompetenzkreise. Zu dem ersten
gehören die Materien, die dem Reiche zu ausschließlicher Kom-
petenz zugewiesen sind, deren Regelung durch Einzelstaaten recht-
lich unmöglich und daher rechtsungültig ist; zum zweiten Kompe-
tenzkreis solche Materien, die grundsätzlich vom Reich geregelt
werden sollen (Art.4 RV.). Jedoch ist hier die Möglichkeit
einer Landesgesetzgebung gegeben. Und schließlich gibt es noch
eine Kategorie von Materien, die der ausschließlichen Kompetenz
der Landesgesetzgebung überlassen sind.
Die fakultative Gesetzgebungskompetenz der Einzelstaaten
bezieht sich auf solche Materien, die der Reichskompetenz vor-
behalten sind (Art.4d. RV.), aber noch nicht Gegenstand
reichsgesetzlicher Regelung waren. Solange dies der Fall ist,
kann die Landesgesetzgebung diese Materien regeln. Die landes-
rechtlichen Normen treten jedoch ipso jure außer Kraft, wenn
durch ein Reichsgesetz diese Materie geregelt ist (Art.2 RV.).
Es ist jedoch irrig, diese Gesetzgebungskompetenz der aus-
schließlichen Landesgesetzgebungskompetenz gegenüber zu stellen,
indem man die erste mit der Kommunallandtagsgesetzgebung
identifiziert und als Gesetzgebung eines Verwaltungsbezirks im