Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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oder diejenigen Organe und Institutionen zu nehmen, die wir bis- 
her als symptomatische Merkmale des Staatscharakers E.-L.’s an- 
sahen, so liegt darin kein Novum. Denn nach Art. 78 IIRV. 
ist auch bezüglich der Einzelstaaten die Möglichkeit einer 
solchen Entwicklung enthalten. Der Unterschied gegenüber E.-L. 
würde nur darin bestehen, daß bei E.-L. ein einfaches Reichs- 
gesetz dazugehörte, während bei den Einzelstaaten ein ver- 
fassungsänderndes Gesetz erforderlich wäre: ein Unterschied der 
nur quantitativ ist. 
Eins der bedeutsamsten Hindernisse für die Annahme, E.-L. 
sei ein Staat, bestand bislang darin, daß über der Landesgesetz- 
gebung E.-L.’s das Damoklesschwert einer stets drohenden In- 
tervention der Reichsgesetzgebung hing. Früher mußte man sagen: 
E.-L. hat „Landesgesetzgebung“, solange nicht die Faktoren 
der Reichsgesetzgebung es für gut befanden, irgend eine Materie 
der sogenannten Landesgesetzgebung zu regeln. 
Die Folge war, daß das Reichsgesetz ispso jure die ent- 
gegenstehenden Normen der sogenannten Landesgesetzgebung 
außer Kraft setzte. Heute wird man formulieren müssen: So- 
lange das Reichsgesetz von 1911 besteht, hat E.-L. in allen den 
Einzelstaaten überlassenen Materien die ausschließliche 
Gesetzgebung. 
Die Folge ist, daß, wenn es den gesetzgebenden Faktoren 
des Reiches beikommen sollte, ein Gesetz in dieser Materie zu 
erlassen, dies ebenso zu beurteilen wäre, wie der entsprechende 
Fall bei anderen Einzelstaaten: das Reichsgesetz überschritte die 
Kompetenz des Reiches, und hätte somit zu seiner Voraussetzung 
eine Verfassungsänderung. 
Und wenn man schon das „Solange“ als eine Resolutivbe- 
dingung auffassen will, so muß man sagen, solange das Ge- 
setz besteht, ist E.-L. Staat, ebenso wie die Einzelstaaten s o- 
lange Staaten sind, als nicht von der theoretischen Möglich-
	        
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