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schaffen, kraft der ihm zustehenden Souveränität, sich aber
vorbehalten, ihn jederzeit vernichten zu können.
Das wäre die logische, auf theoretischen Untersuchungen sich
aufbauende Konsequenz. Aber auch diese würde nicht der An-
nahme im Wege stehen, daß, solange diese Bedingung nicht
eingetreten ist, E.-L. als Staat anzusehen ist, der sich von den
übrigen aber durch diese Existenzklausel unterscheidet — ein
theoretisch bedeutsamer Unterschied, aber doch nicht ein solcher,
daß dadurch ein essentiale des Staatsbegrifis aufgehoben sein
würde,
Auch dürfte wohl die praktische Bedeutung wesentlich hinter
der theoretischen Möglichkeit zurückbleiben. Eine Rückentwick-
lung kann ohne schwere Schäden für beide Teile sowohl für das
Reich, wie Elsaß-Lothringen nicht eintreten. Bei der von uns
für die Entwicklung E.-L’s. vorgezeichneten Bahn kann diese
nur vorwärts in der Richtung zu einem in jeder Beziehung
gleichberechtigten Einzelstaat weisen ?, Entgegenstehende theo-
retische Möglichkeiten enthalten praktisch nur Sicherheitswert,
sind Präventivmaßregeln.
85. Die ersteKammer Elsaß-Lothringens.
Man hat nun aus der Gestaltung der ersten Kammer ein
Argument dafür herleiten wollen, daß das ganze Gesetzgebungs-
recht E.-L’s. nur scheinbar ein solches, eine Fiktion
sei. Denn da zur Annahme von Gesetzen die Uebereinstim-
mung der Mehrheitsbeschlüsse beider Kammern gehöre, der
Kaiser aber durch sein Ernennungsrecht die Möglichkeit habe
die I. Kammer zur Hälfte zu ernennen, so habe er damit ein
absolutes Veto gegen alle Gesetzentwürfe.
Auch bei der staatsrechtlichen Beurteilung und Wertung
dieser Frage muß man:von der theoretischen Bedeutung aus-
23 5, meinen Aufsatz a. a. O. Heft 2 & 15.