Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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ergeben würden, können für die theoretische Beurteilung nicht 
ausschlaggebend sein. 
Man wird zugeben, dal hier zwei objektiv verschiedene 
Staatsgewalten auch objektiv erhalten geblieben sind. Anders 
aber wäre es, wenn durch die Reichsgesetzgebung (Art. 78 IIRV.) 
die Kompetenz des Reiches in einer Weise ausgedehnt würde, 
daß eine Kompetenz der Einzelstaaten nicht mehr existierte. 
Durch die Ausdehnung der Kompetenz auf diesem Wege wird 
der objektive Charakter der Einzelstaatsgewalt, soweit sie zur 
Reichsgesetzgebung geschlagen ist, geändert, nämlich zur 
Reichsgewalt gemacht. 
Nun kann aber von der objektiv einheitlichen Staatsgewalt 
ein Teil abgesondert werden, damit eine selbständige Organi- 
sation diese eximierten Bestandteile der Reichsgewalt regle. Eine 
solche „Teilung“, die z. B. in Einheitsstaaten zwischen Staat 
und Provinzen stattfindet, kann man aber nicht eine objektive 
Teilung nennen, es ist vielmehr eine Arbeitsteilung in der Be- 
handlung einer objektiv einheitlichen Staatsgewalt: Oder anders 
formuliert eine Uebertragung quoad exercitium. 
Die Staatsgewalt in Elsaß-Lothringen stand bislang dem 
Reiche zu. Souverän war der Bundesrat als der begriffliche 
Inhaber der Reichsgewalt. Er ist Landesherr geworden durch 
den Vertrag vom 26. Februar 1871?®, in welchem Frankreich zu 
Gunsten des deutschen Reiches auf alle seine Rechte im gegen- 
wärtigen Elsaß-Lothringen verzichtet, da E.-L. bis dahin Teil 
eines souveränen Einheitsstaates war, so hat also auch z. Zt. der 
Uebertragung keine Teilung der Gewalten in Frankreich zwischen 
der Zentralgewalt und der in E.-L. herrschenden Gewalt in dem 
oben erörterten Sinne stattgefunden. Es konnte keine elsaß- 
lothringische Staatsgewalt geben, also konnte das Reich auch 
keine elsaß-lothringische Staatsgewalt erlangen. Die Uebertra- 
25 Siehe bezügl. Text der Friedenspräliminarien $ 2 meines Aufsatzes 
Bd. 26 Heft 1 S. 5 des öfltl. rechtl. Arch. 
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