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keit der Staatsgewalt die Möglichkeit zweier Träger aus eigenem
Herrschaftsrecht die Rede sein. Sollte das, wie ich unbedenklich
bei LABAND annehme, gemeint sein, so wäre der Nachsatz nicht
gegensätzlich zu dem vorausgehenden Leitsatz aufzufassen, son-
dern erklärend. Dieser Fehler der Formulierung kann aber zu
Mißverständnissen führen.
Unsere Ansicht wird auch durch den Gang der elsaß-loth-
ringischen Entwicklung erhärtet. Diese Entwicklung zeigt auch
eklatant den Unterschied, der besteht zwischen dem ehemaligen
Elsaß-Lothringen und dem heutigen, und kann daher nicht über-
gangen werden.
In richtiger Konsequenz der oben von uns vertretenen An-
sicht spricht das Reichsgesetz vom 9. Juni 1871 83 Abs. 4 aus:
„Nach Einführung der Reichsverfassung steht bis zu ander-
weitiger Regelung durch Reichsgesetz das Recht der Gesetz-
gebung auch in dem der Reichsgesetzgebung in den Bundes-
staaten nicht unterliegenden Angelegenheiten dem Reiche zu.“
Hier wird sogar in richtiger Weise der irreführende Ausdruck
Landesgesetzgebung vermieden. Dieses Gesetz ist,
rechtlich betrachtet, überflüssig oder deklarativ: es stellt eine
schon bestehende Tatsache fest. Denn da Elsaß-Lothringen an
das Reich abgetreten war, konnte eine andere als die Gresetz-
gebung des Inhabers der Staatsgewalt in der Form der Reichs-
gesetzgebung nicht in Frage kommen. Es konnte sich nur darum
handeln, Formen für die Reichsgesetzgebung in ihrer Kompetenz
auf ein kleineres als das Reichsgebiet zu schaffen, die von der
Grundform der Reichsgesetzgebung abwichen.
Demgemäß hat denn auch die Form der Reichsgesetz-
gebung in ihrer Kompetenz auf Angelegenheiten die in den
Bundesstaaten der Landesgesetzgebung überlassen sind, gewech-
set. Aber nur die Form, Der Grundsatz des Gesetzes vom
9. Juni 1871 $ 4 Abs. 3 ist unverändert geblieben bis zum Ge-
setz vom 9. Juni 1911. Insbesondere hat das Gesetz vom 2. Mai