Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 28 (28)

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einem gefährlichen, riskanten Vorgehen sprechen wollen, dann 
ist das nicht diese Stelle, dann ist es das Gesetz von 1877 ge- 
wesen, das den Landesausschuß an die Stelle des Reichstags 
setzte, denn damit ist der Schwerpunkt der Landesgesetzge- 
bung in das Land selbst gelegt worden; das ist der Moment 
gewesen, durch welches den Reichslanden ein staatliches Eigen- 
leben gewährt worden ist, und in noch höherem Grade gilt dies 
von dem Verfassungsgesetz 1879, das ein selbständiges reichs- 
ländisches Ministerium, das einen Staatsrat schuf, das den 
Landesausschuß in seinen Befugnissen neu regelt. Es wird 
der Anschein erweckt, als ob E.-L. gegenwärtig noch kein der- 
artiges Staats- und Verfassungsleben besäße, als wären wir 
es jetzt, die wir mit dieser Vorlage ein solches Leben neu 
schüfen, und als ob wir damit dann das Reich in Gefahr 
stürzten. Nein meine Herren, so liegt die Sache nicht. Dieses 
selbständige Leben in den Reichslanden existiert bereits, 
es ist unvollkommen, es hat Mängel an sich, die beseitigt wer- 
den müssen, die man meiner Ueberzeugung nach schon längst 
hätte beseitigen müssen. Aber es ist kein neues Haus 
was wir aufrichten, sondern wir versuchen da ein vorhan- 
denes Haus wohnlicher einzurichten.“ 
Der Kanzler charakterisiert damit nur die tatsächliche 
Seite der Verhältnisse. Rechtlich hat sich eine Wesens- 
änderung vollzogen. Ein Moment, das rechtlich der Annahme 
der staatlichen Autonomie entgegenstand, ist weggefallen. 
Auch bietet die Reichsverfassung in anderer Beziehung die 
Möglichkeit des Nachweises, daß E.-L. kein Reichsland ist; 
denn nach Art.6 RV. ist der Einzelstaat ermächtigt, Bevoll- 
mächtigte zu ernennen. Es liegt im Wesen der Vollmacht, 
daß sie nur dann statt haben kann, wenn ein Verhältnis zum 
dritten hergestellt werden soll. Sie regelt das Außenverhält- 
nis und unterscheidet sich dadurch vom Auftrag. Bei den 
Einzelstaaten ist demgemäß der Abgesandte im Verhältnis zum
	        
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