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rungen den Verfassungsentwurf so, wie er aus der Schlußberatung
des Reichstags hervorgegangen war, angenommen hätten, wenn
er ihnen nicht mindestens dasselbe garantiert hätte, was Art. 109
der preußischen Verfassung sicherte, nämlich dauernde Einnahmen
für das Heer.
Aber wie dem auch sei: es kommt darauf an, was in der
Verfassung steht. V. SEYDEL liest aus dem Absatz II heraus,
daß die Beträge in Abs. I nur so lange fortgezahlt werden soll-
ten, bis die interimistisch in Art. 60 festgestellte Friedenspräsenz-
stärke durch Gesetz abgeändert worden sei. Dem gegenüber trennt
LABAND den Abs. II in zwei selbständige Teile, deren erster
die dauernde Zahlungspflicht der Bundesstaaten statuiere,
während der zweite nur die Bereehnungsart bestimme. Wenn
hiergegen V. SEYDEL einwendet, Art. 62 sei dann sonderbar ge-
faßt, es hätte dann besser ın Abs. I der Termin „bis zum 31. De-
zember 1871“ wegfallen können, so ist nach SEYDELs Ansicht
der Abs. II des Art. 62 noch viel sonderbarer gefaßt; er hätte
einfach lauten können: „Diese Beiträge werden fortgezahlt, .....
bis die Friedenspräsenzstärke durch Reichsgesetz abgeändert ist.“
Daß dies aber nicht beabsichtigt war, ergibt die Trennung des
Abs. II in zwei selbständige Sätze, deren erster die dauernde
Jahlungspflicht, deren zweiter die Berechnungsart feststellt.
Daß weder das Gesetz vom 9. Dezember 1871 noch das Mili-
tärgesetz vom 2. Mai 1874 an der Weitergeltung des Art. 62
Abs. II etwas geändert haben kann, sofern nicht diese Gesetze
ausdrücklich ein solche Aenderung im Auge gehabt haben,
was nicht behauptet wird — das ergibt sich weiter aus dem durch
grammatische, logische und historische Beziehungen untrennbar
mit Abs. II verbundenen '?" Abs. III: „Die Verausgabung die-
ser Summe.... wird durch das Etatsgesetz festgestellt.“ Die
Worte „dieser Summe“ deuten auf die Beiträge nach Abs. II
hin. Wenn diese Beiträge in dem Moment entfallen wären, in
1% So v. Savıany 8. 251.