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staaten dem Reiche freiwillig durch Verzieht auf die Ueberwei-
sungen mehr zahlten, als ibre Pflicht ist, wofür sie allerdings
ihren Landtagen verantwortlich wären‘. Unrichtig ist wohl
DAMBITSCHs !** Ansicht, daß mangels Etats keine Ueberweisungen
an die Bundesstaaten stattfinden könnten.
Dieser verfassungsmäßigen Pflicht der Regierung, nachträg-
lich die Genehmigung der gemachten Ausgaben nachzusuchen,
steht gegenüber die Pflicht des Reichstags und Bundesrats,
die gemachten Ausgaben nachträglich zu bewilligen, soweit sie
gesetzlich feststehen oder als notwendig anerkannt werden. Die
Notwendigkeit einer gewissen Minimalpräsenzstärke, wie sie sich
aus dem Feststehen der Cadres ergibt, wird dabei keines beson-
deren Beweises bedürfen. In der Regel wird es sogar möglich
sein, die Aufrechterhaltung der Armee in dem bisherigen
Bestande zu rechtfertigen. Die Rechtsfolgen einer Pflicht-
verletzung auf der einen oder anderen Seite zu erörtern, ist
ein Ding der Unmöglichkeit. Für derartige Verfassungsverletzun-
gen lassen sich keine Rechtsregeln aufstellen.
Das endliche Ergebnis unserer Betrachtung zeigt, daß das
Niehtzustandekommen des Gesetzes über die Friedenspräsenzstärke
die Armee nicht wesentlich gefährden würde, und daß daher die
Furcht der verbündeten Regierungen vor einem solchen Vacuum
ziemlich unbegründet war, da dieses Vacuum sich von dem Fehlen
des Budgets für andere Verwaltungszweige nur dadurch unter-
scheiden würde, daß wenigstens ein Teil der notwendigen Mittel
gesichert wäre. Anderseits hat aber auch die ruhige Erörterung
der Heeresfragen in jüngster Zeit gezeigt, daß die Mehrheits-
parteien im verfassungsberatenden Reichstage im Irrtum waren,
als sie sich der dauernden Feststellung der Friedenspräsenz-
stärke widersetzen zu müssen glaubten. Der beiderseitige
143 Vgl. ArnDT, Kommentar $S. 333, 377 und Lehrbuch 8. 516; JAGE-
MANN SS. 250.
144 DAMBITSCH S. 596.