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der Kaiser und der Sultan, Kaiser und nicht König nennen sollen.
Die große staatsrechtliche Bedeutung dieses Vertrages, ganz wie
jene des in der Form des GA. I 1608 ante coronationem als
Gesetz ınartikulierten Wiener Friedens, besteht darin, daß sie die
Rechtsgrundlage für die Konsolidation des historischen Gebietes
Ungarns nach Wegfall des vasallitischen Fürstentums Siebenbürgen
bilden. Eine Art Interpretation der den Titel betreffenden Be-
stimmung bildet die Forderung der Türkei, daß sich die Unter-
händler für den Frieden von Sistova vom 4. August 1791 als
Bevollmächtigte des Kaisers und nicht als solche Ungarns
legitimieren und daß der entre les deux Empires, zwischen den
beiden Kaiserreichen geschlossene Friede die Grenzen
zwischen der ottomanischen Pforte und der Monarchie autrichienne
regelt '°.
Mit Unrecht hat darum die magyarische Publizistik bis in die
neuere Zeit behauptet, der Anführung des römischen Kaisertitels
in ungarischen Gesetzen komme nur die Bedeutung einer Cour-
toisie zu!®, da Ungarn gar kein Teil des römischen Reiches war.
Denn in Beziehung zu den Ländern des Hauses Oesterreich be-
deutet dieser Titel gar nicht den Kaiser des heiligen
römischen Reiches deutscher Natıon, sondern den
aus dem Hause Oesterreich hervorgegangenen Kaiser als
Beherrscher der diesem Hause untergebenen Länder, seiner di-
tiones, ohne Unterschied zwischen deutschen und nichtdeutschen
oder, wie sie auch heißen, der österreichischen Provinzen ’”, oder
als Monarchen im österreichischen Herrschaftsbereich. Es
handelt sich somit um einen auf Entlehnung beruhenden, geschicht-
15 NEUMANN a. a. O. S. 459 Art. 9. Sammlung der Gesetze Leopold II.
Bd. 9. Nr. 59.
18 APPONYI a. a. O. S. 30. Oesterr. Rundschau Bd. 28. S. 260 f.
1? Schon im Vertrage mit Sardinien vom 31. März 1763 ist die Rede
von den provinciae austriacae, NEUMANN a. a. O. S. 43, im Vertrage mit
Frankreich vom 24. Juni 1761 von den provinces de chaque Monarchie
a. a. O. S. 103. Vgl. auch CAuTıon, Bureau autrichienne a. a. O. 8. 147.