— 129 —
Beratung als kaiserliche gibt. Andererseits sind es ob-
jektiv staatliche Funktionen, in deren Ausübung die landes-
fürstlichen Behörden den Landesfürsten unterstützen, was zur
Folge hat, daß mit dem Zeitpunkte der Erkenntnis dieses Ver-
hältnisses die ehemals landesfürstlichen Behörden jener staats-
rechtlichen Konstruktion unterworfen werden, kraft welcher, wie
dies von Friedrich II. formuliert worden ist, der Fürst selbst
nur der erste Diener des Staates ist. Der Uebergang einer Epoche
der staatlichen Entwicklung in eine andere vollzieht sich nicht, wie
man nach den dilettantischen Beweisforderungen Apponyis glauben
müßte, durch Gesetze, welche das Wesen der jeweiligen Entwick-
lungsstufe in doktrinären Formeln entwickeln, sondern mittel-
bar durch Gesetze und Einrichtungen, deren Wurzeln in den ge-
änderten Anschauungen von dem Wesen des Staates ruhen. Das
österreicHische allgemeine bürgerliche Gesetzbuch kodifiziert nicht
etwa das Wesen des absolutistischen Polizei- und Wohlfahrts-
staates, sondern bietet nur Rechtssätze, welche anders als mit
Hilfe der so gekennzeichneten naturrechtlichen Doktrin nicht be-
griffen werden können. Wie aus den behördlichen Bezeichnungen
Staatskanzlei, Staatsministerium, Staatsrat zu ersehen
ist, gelangt die Erkenntnis der staatlichen Bedeutung der Zen-
tralbehörden schon in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
zum deutlichen formellen Ausdruck. Im Jahre 1766 wird
eine Deputation in Staats- und Wirtschaftssachen, 1792 eine
Staatsbuchhalterei eingeführt”. Im übrigen sind die „großen
Richtungslinien* der österreichischen Regierungspolitik, die in der
Richtung eines alle Länder zusammenfassenden Staates gezogen
werden, schon unter Ferdinand I. deutlich erkennbar und bilden
nur eine Fortsetzung der unter Maximilian I. bedeutsam einsetzenden
Zentralisation der deutseh-Öösterreichischen Länder ®*®,
ö5 SEIDLER, Studien zur Geschichte und Dogmatik des österreichischen
Staatsrechtes (1899) S. 163, 177.
566 TEZNER, Landesfürstliche Verwaltungsrechtspflege I. 2. Abschnitt
8. 33 ff.
Archiv des öffentlichen Rechts. XXX. 1/2. 9