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IV. Die Bedeutung der Erklärung aller Länder des Hauses
Oesterreich als eines im Rahmen der Zwecke der Pragmatischen
Sanktion unteilbaren Besitzes nach Art der Unteilbarkeit der
ungarischen Länder ist bisher nicht einmal in der öster-
reichischen, geschweige denn in der magyarischen Literatur ge-
bührend gewürdigt worden. Die österreichische beschränkt sich
auf die bloße Anführung der Formel, die magyarische paraphra-
siert sie mit dem Worte „Besitzkomplex“. Allein gerade das
verfassungsrechtliche Gebot, die ungarischen Länder auch
fernerhiın untrennbar zu besitzen, läßt uns erkennen, daß mit-
tels des Gebotes die niehtungarischen mit den ungarischen Ländern
untrennbar zu besitzen im Rahmen der Zwecke der Pragma-
tischen Sanktion!!* der Bestand einer territorialen Einheit aller
Länder des Hauses von gleicher Art gesichert werden sollte, wie
sie die ungarischen Länder, abgesehen von diesen Zwecken, auch
fernerhin bilden sollten. In der Sprache des ständisch-territoria-
len patrimonialen Staatsrechts bedeutet der aus der politischen
Entwicklung des Primogeniturrechts hervorgegangene
untrennbare Besitz einheitliche unter das Verbot der Teilung ge-
stellte monarchische Herrschaft über alle als untrennbarer
Besitz erklärten Länder oder Einherrschaft in subjek-
tiver und objektiver Beziehung. Dies beweist die
ständisch-territoriale Bildung der Länder der böhmischen und unga-
richen Krone. Die Festsetzung des Primogeniturrechts bildet ge-
radezu die Grundlage der Sicherung des Bestandes des monar-
chischen Einheitsstaates!!. Sofern nun bei diesen
Bildungen in gewissen Belangen noch besondere Territorien fort-
bestehen, bedeutet das Aufrechthaltung der staatsrechtlichen Sonde-
rung der landesfürstlichen Gewalten nur im Rahmen dieser Son-
derung, nicht auch im Hinbliek auf die Uebung jener Zuständig-
114 'TEZNER, Der Kaisertitel S.57. TURBA, Armeeeinheit und ungarisches
Staatsrecht, Oesterreichische Rundschau Bd. 2 8. 393.
115 TEZNER, Der Kaiser S. 130.