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Erlaß einer anderweitigen gesetzlichen Bestimmung‘ zu setzen die
Worte „für die Zeit vom 1. Januar 1875 bis zum 31. Dezember
1881°. Dadurch, daß dies Amendement unter Annahme der Re-
gierung auch in dritter Lesung durchging, erhielt $ 1 des Reichs-
militärgesetzes vom 2. Mai 1874 folgenden Wortlaut:
Die Friedenspräsenzstärke des Heeres an Unteroffizieren und
Mannschaften beträgt für die Zeit vom 1. Januar 1875 bis zum
31. Dezember 1881 401659 Mann. Die Einjährig-Freiwilligen
kommen auf die Friedenspräsenzstärke nieht in Anrechnung.
Die folgenden beiden Paragraphen legten die taktischen Ein-
heiten, die bis dahin durch das frei waltende kaiserliche Ermessen
des Art. 63 Abs. 4 bestimmt wurden, insoweit gesetzlich fest, als
sie die Zahl der vorhandenen Bataillone, Eskadrons und Batterien
einerseits, die der Armeekorps andererseits angaben, für die Ver-
bände aber zwischen diesen Grenzen und über sie hinaus weiteren
Spielraum gewährten. Eine zeitliche Grenze wurde für diese Fest-
stellungen nicht geschaffen.
Bei den Beratungen in der Kommission und im Plenum mach-
ten sich verschiedene rechtliche Auffassungen über die Feststellungs-
art der Präsenz geltend. Die Verfassung gab als positive Be-
stimmung allein den Schlußsatz des Artikels 60 an die Hand: Für
die spätere Zeit wird die Friedenspräsenzstärke des Heeres im
Wege der Reichsgesetzgebung festgestellt. Aus der Möglichkeit,
das Wort „Reichsgesetzgebung“ verschiedenartig zu deuten, er-
geben sich verschiedene Ansichten über die Natur der in Artikel 60
enthaltenen Verfassungsbestimmungen. Die Regierung hatte sich
in dem Entwurfe auf dem Standpunkt befunden, daß in dem Worte
„Reiehsgesetzgebung“ die Forderung nach einem dauernden Ge-
setze liege. Dem gegenüber stand die Ansicht eines großen Teils
der Reichstagsmitglieder, welche Reichsgesetzgebung im Gegensatz
zu Verfassungsbestimmung setzte und im Hinblick auf das Etat-
bewilligungsrecht als einzige mit diesem vereinbare Form des
Reichsgesetzes das Etatgesetz betrachtete. Die Annahme des