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mehr als 100 Batterien überragte, ließen der deutschen Regierung
sehr bald eine beschleunigte Mehreinstellung von Rekruten gebo-
ten erscheinen. Unter dem 26. Mai 1890 brachte sie deshalb einen
Entwurf ein, in dem sie unter Aufrechterhaltung der zeitlichen
Gültigkeitsdauer des Gesetzes vom 11. März 1887 die Präsenz um
18574 Mann zu erhöhen, insgesamt also auf 486 983 Mann fest-
zustellen bat. Der Entwurf gelangte unverändert zur Annahme.
Irgendwelche Momente rechtlichen Interesses boten die Par-
lamentsdebatten nicht.
Man wich mit dieser Feststellung von der bis dahin geübten
Praxis, die Präsenzstärke nach dem Verhältnis von em Prozent
der Bevölkerungsziffer zu bemessen, ab. Die jährlich bedingte
Mehreinstellung ließ sich ohne weiteres bewerkstelligen, da bisher
bei der Aushebung Tausende von Wehrpflichtigen als überzählig
nicht zur Ausübung der Wehrpflicht hatten herangezogen zu wer-
den brauchen.
Bei Begründung des Entwurfs zu diesem Gesetze war aus-
drücklich darauf hingewiesen worden, daß die in ihr geforderte
Heeresverstärkung nur zur Abhilfe der dringendsten Bedürfnisse
gefordert sei. Bald zeigte es sich, daß die zu Deutschlands „Un-
gunsten sich verschiebende militär-politische Situation durchgrei-
fende Maßregeln erforderte“ ®. Das einzige Mittel, die Sicherheit
und Unabhängigkeit Deutschlands nach außen hin zu wahren, war
nach Ansicht der Regierung die volle Ausnutzung der Wehrkraft
des deutschen Volkes. Um nun eine Organisation zu schaffen,
die alle wirklich Diensttauglichen aufzunehmen imstande sei, mußte
man unter Aufgabe der bisherigen schrittweisen Weiterentwicklung
„den großen, gerechten, patriotischen Grundgedanken der Wehr-
verfassung so weit durchführen, als die personellen, wirtschaft-
lichen und finanziellen Kräfte des Deutschen Reiches dies gestatte-
ten“. Zu erreichen war dies Ziel nur. unter teilweiser Verkürzung
der aktiven Dienstzeit von drei auf zwei Jahre. In Verfolg dieser
?® Sten. Ber. 1892/93 Anlagen, I. Bd. S. 100.
Archiv des öffentlichen Rechts. XXX. 1/2. 12