Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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nehmenden Feststellungen auf der durch Art. 60 geschaffenen 
Rechtsgrundlage. 
Eine andere wesentliche Frage ist die, welcher tatsächliche 
und rechtliche Zustand eintritt, wenn einmal kein Friedenspräsenz- 
gesetz zustande kommt. 
Da die Praxis bisher regelmäßig durch Gesetze begrenzter 
Gültigkeitsdauer die Präsenzstärke fixiert hat, die Schwierigkeiten 
aber, die dem Zustandekommen derartiger gesetzlicher Bestimmungen 
begegnen, notorisch sind, ist es sehr wohl denkbar, daß das immer 
nur mit schwerem Herzen eingegangene Kompromiß einmal nicht 
erwirkt, und eine Einigung über die Friedenspräsenzstärke im 
Wege der Reichsgesetzgebung nicht erzielt werden kann. Die 
Besorgnis, ob und wie dann die infolge des Fehlens des in Art. 60 
gedachten Gesetzes entstehende Lücke wohl ausgefüllt werden 
könnte, hat mit der Verfassung das gleiche Geburtsjahr. Die An- 
sichten in der staatsrechtlichen Praxis und Wissenschaft gehen 
hier sehr weit auseinander®®. Aber soviel steht jedenfalls fest, 
daß der tatsächliche und rechtliche Bestand des Reichsheeres durch 
das Fehlen eines Präzenzgesetzes nicht gefährdet werden würde. 
Den Bestand der Heeresstärke garantieren die Verfassungs- 
bestimmungen über Wehrpflicht und Dienstzeit und die ihrer Zahl 
nach dauernd festgestellten taktischen Einheiten. 
3 Bismarck in der Reichstagssitzung vom 11. Januar 1887. Sten. Ber. 
87, S. 341. BROCKHAUS, Das deutsche Heer und die Kontingente der Einzel- 
staaten, 1888, S. 45. FRICKER, in der Zeitschrift für die gesamte Staats- 
wissenschaft 1872, S.175. Küuz, Die Feststellung der Friedenspräsenzstärke 
des deutschen Heeres, 2. Aufl, S.68 ff. LABAND, Staatsrecht, II. Bd.; S. 515, 
554, 562, 564, 595, 946, 966. v. MArRTITZ, Betrachtungen usw., S.123. MEYER, 
Lehrbuch des deutschen Staatsrechts, 8. 592; in HiırrHs Annalen, 1880, 
S. 349. Preuss, 8.57, 80, 90. v. RönNE, Staatsrecht, II. Bd.; S. 143. v.SA- 
vVIGNY, 8. 241. SCHULZE, Staatsrecht, II. Bd., S. 280; in GRÜNHUTSs Zeit- 
schrift, II. Bd., S. 210. v. SEYDEL, Kommentar, S. 340, 357; in HırTHs An- 
nalen, 1875, S. 1411, 1416. Stenographische Berichte, 1867, S. 615; 1887, 
S. 341. THUDICHUM, Verfassungsrecht, S. 416, 432; in Holtzendorff, 1873, 
S. 103, 120. ZOoRNn, Staatsrecht, I. Bd. 8. 321.
	        
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