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welche auf Grund der von der Regierung der Volksvertretung
vorgelegten Gesetzesentwürfe und Regierungsanträge gefaßt wor-
den waren. Es wäre durchaus abwegig, wollte man bezüglich
der Gesetzesentwürfe annehmen, daß sich die landesherrliche Ent-
schließung hier etwa als eine Sanktion der von den Kammern
angenommenen Regierungsvorlagen darstellen würde. Dem steht
schon entgegen der klare Wortlaut einzelner Bestimmungen im
Landtagsabschied; so sagt z. B. der $ 23 des Abschiedes von
1821, daß der Großherzog dem in Frage stehenden von den
Ständen angenommenen Gesetzesentwurfe die Sanktion erteilen
und das Gesetz verkünden lassen werde. Die „Entschließung“
qualifiziert sich hier als eine Zusicherung, und zwar als ein durch-
aus unverbindliches Versprechen, dem Entwurfe durch die landes-
herrliche Sanktion und Publikation Gesetzeskraft verleihen zu
wollen, unverbindlich aus dem Grunde, weil eine verfassungs-
mäßige Pflicht des Großherzogs, einer vielleicht ohne jede Modi-
fikation von den Kammern angenommenen Regierungsvorlage die
Sanktion zu erteilen, nicht besteht. Ganz abgesehen davon ist
auch die Form des Gesetzesbefehls eine andere. Endlich befinden
sich im Landtagsabschiede „Entschließungen* dahingehend, daß
ein Gesetzentwurf bereits die Zustimmung des Landesherrn er-
halten habe, und das Gesetz schon im Regierungsblatt veröffent-
licht worden sei!!. Hier handelt es sich ganz offensichtlich nur
um einen Bericht der Regierung an die Volksvertretung über die
Schicksale der an das Staatsoberhaupt zurückgelangten Gesetzes-
entwürfe. Nach einer rechtlichen Verpflichtung der Regierung,
in dieser Weise dem Parlamente über ihre Tätigkeit zu referieren,
wird man im ganzen hessischen Verfassungsrechte vergeblich
suchen. — Was die dem Landtage vorgelegten „Regierungs-
anträge“ betrifft, so haben auch hier die großherzoglichen Ent-
schließungen im Landtagsabschied nur die Bedeutung von Eröff-
nungen an die Kammern, ob ihre Beschlüsse von der Regierung
1 Vgl. z. B. 88 3, 4, 6 des LA. von 1821.