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ihm sein selbstgefälliges Bild zurückwirft Jeder betrachtet
überdies gemeiniglich die Schande, welche einem Mitgenossen
seines Standes widerfährt, als eine Entehrung des Standes selbst,
an welcher seine eigene Person wenigstens mittelbar teilnehmen
muß. Und so werden besonders diejenigen Stände, welche sich
vorzüglicher Ehrenreinheit rühmen, lieber ihren henkenswerten
Mitgenossen für unschuldig erklären, als daß sie sich geneigt
finden sollten, ihn sich selbst zum Vorwurfe an den wohlverdienten
Galgen zu erhöhen. So ist das Prinzip der Standesfreiheit ein
wahres Prinzip der Ungerechtigkeit und Parteilichkeit. Was man
dem Angeklagten schenkt, wird dem Ankläger oder dem Beleidigten
genommen, und die scheinbare Gleichheit schließt die entschiedenste
Ungleichheit in sich.“
So muß das Geschworenengericht auf dem Prinzip der Standes-
ungleichheit beruhen. Aber dennoch darf die Auswahl nicht hlind
sein. „Die unparteiische lebendige Teilnahme an dem Wohl und
Wehe des Ganzen... kann nicht von allen Untertanen in gleichem
Grade, kann nur von denen erwartet werden, deren Privatinteresse
mit dem öffentlichen am genauesten verbunden ist. Aeußere
Erniedrigung erzeugt auch nur zu oft Niedrigkeit der Gesinnung,
und Unzufriedenheit mit dem eigenen Glück gebiert harte Gleich-
gültigkeit gegen Andere. Anhaltend schwerer Druck des Schick-
sals lähmt die Freiheit des Gemüts, versenkt die Seele in Stumpf-
heit und Brutalität Wählt Ihr daher die Geschworenen ohne
alle weitere scharf bezeichnende Beschränkung, so verliert Eure
Einrichtung allen Wert, alles Zutrauen, alle Achtung und versinkt,
wie jede Staatseinrichtung, welche nicht auf der Meinung der
Nation ihre sicheren Ruhepunkte hat, als trauriges Denkmal einer
auf sich selbst trotzenden Theorie in Schutt und Trümmern.‘
Ergiebiger ist der rein strafrechtliche Teil der Betrachtungen.
Hier ist alles klar und scharf und von unvergänglicher Bedeutung.
FEUERBACH sagt: Die Jury kann keinen anderen Zweck haben,
als die Kriminalgerichtsbarkeit überhaupt, nämlich die Herrschaft