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Die Arbeit verdient volles Lob. Der Verfasser verfährt bei der Dar-
stellung rechtsvergleichend. Das deutsche und französische Staatsrecht ist
ihm geläufig. Schade, daß das Buch durch die tiefgreifende Verfassungs-
reform des vorigen Jahres an Aktualität starke Einbuße erlitten hat.
Rehm.
Dr. jur. Karl Rothenbücher, DieTrennungvonStaat undKirche.
München 1908. C. H. Becksche Verlagbuchhandlung. XVI und 478
Seiten. 8°,
J. Dieses Buch ist von vielen Kritikern als eine besonders dankens-
werte Leistung von erheblichem juristisch-wissenschaftlichem Wert begrüßt
worden. Dazu mag beigetragen haben, daß der Verfasser reiches Material
aus der Verfassungsgesetzgebung fremder Staaten zusammengestellt hat,
das bisher dem deutschen Juristen zum Teil schwer zugänglich war.
Schließlich mag beigetragen haben, daß der Verfasser den einseitigen Stand-
punkt der katholisch-klerikalen Politik in Fragen des Verhältnisses zwischen
Staat und Kirche, der seine Stellungnahme beherrscht, in wenig be-
stimmter Form hervortreten läßt und durch eine offenbar aufrichtig er-
strebte Toleranz in der Würdigung entgegengesetzter scharf protestantischer
Aeußerungen geradezu verschleiert; so daß der Eindruck eines ernsthaften
Strebens nach Objektivität erreicht wird. Das allein müßte ja dem Werk
eines deutschen katholischen Autors in einer Frage, in der die weitaus
größte Zahl der Rechtslehrer und der Politiker in der ganzen Welt — auch,
von den deutschen Ländern abgesehen, der katholischen Welt — von einem
schroff entgegengesetzten Standpunkt ausgeht, bei uns eine sympathische
Aufnahme sichern.
Um so mehr hat der Berichterstatter einer staatsrechtlichen Zeitschrift
die Pflicht, den streng wissenschaftlichen Gehalt eines solchen Buches zu
prüfen. Es ist der größte Erfolg der modernen deutschen Staatsrechtslehre,
insbesondere der nüchtern sachlich kritisierenden Methode, die unser Alt-
meister LABAND eingeführt hat, daß wir gelernt haben, den Staat als recht-
liche Institution zu behandeln, seine Verfassungszustände als juristisch
fundiert zu erkennen und aus der Betrachtung des Verfassungsrechts alle
politischen so gut wie alle privatrechtlichen Maßstäbe zu eliminieren.
ROTHENBÜCHER sagt im Vorwort (S. II) ausdrücklich, daß er eine juri-
stische Untersuchung des Problems der Trennung von Staat und Kirche,
nicht eine kirchenpolitische, geben will; daß er eine „Untersuchung des
Systems der Trennung vom Standpunkt des Staatskirchenrechts aus“
beaksichtigt. Es wird also an dieser Stelle geprüft werden müssen, ob vom
Standpunkte des objektiven Staatsrechts gesagt werden darf, daß der Autor
diesem Ziel nahe gekommen ist — ohne Rücksicht auf die empfehlende
Toleranz, die an einigen Stellen des Buches hervortritt
Gleich im Vorwort zeigt der Verfasser, daß er einer solchen Unter-
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