Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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sie müßten Punkt für Punkt richtiggestellt und geläutert und geklärt werden. 
II. Diese Kritik der Methode ROTHENBÜCHERs habe ich vorangestellt, 
weil es mir scheint, daß es an dieser Stelle bei einem Buch, in dem der 
Autor sich als Staatsrechtslehrer wissenschaftlich einführen will, das wich- 
tigste ist zu prüfen, ob er die juristische und speziell die staatsrechtliche 
Literatur bereichert hat; dann auch, weil ich mit meiner Besprechung ganz 
allgemein davor warnen möchte, staatsrechtliche Probleme ohne gehörige 
praktische Erfahrung anzugreifen. Wenn irgendwo, so ist es im Staatsrecht 
notwendig, daß zu dem Fleiß und dem Verstand besondere fachliche Lebens- 
erfahrung hinzukommt; denn in keiner anderen Disziplin wird man so 
leicht verlockt, sich dem Verstand allein anzuvertrauen und nirgends ist 
es so gefährlich wie hier, sich auf eine These festzulegen, die einem die 
eigene Lebenserfahruung später widerlegt; und es ist doch wohl besser, auf 
harmlose unauffällige, als auf imponierende aber verfehlte Jugendarbeit 
zurückzublicken. Von der Methode und der dogmatischen Verarbeitung 
abgesehen, bringt ROTHENBUCHERs Buch manches nützliche Material. 
Die historische Einleitung (S. 1 bis 112) zeigt ein Streben nach Tole- 
ranz und gerechter Würdigung des Gegners, das alle Anerkennung verdient. 
Sie bringt weniger eine Aufführung historischen Materials, als zusammen- 
fassende Bemerkungen, Ueberlegungen und Urteile. Mir ist die m. E. nach 
Inhalt und Stil ausgezeichnete Darstellung GEFFCKENs (Staat und Kirche) 
und manche andere lieber. Aber Katholiken werden möglicherweise die 
Auffassung ROTHENBÜCHERs vorziehen. Er macht da sehr treffende Be- 
merkungen, z. B. S. 14 über Widersprüche in den Schriften Luthers. Dem 
dogmatischen Ausgangspunkt entsprechend kann allerdings auch hier nicht 
alles allgemeine Zustimmung beanspruchen. Das Wort Kirche wird auch 
hier in verschiedenem Sinne verwendet, was zu Urteilen führt, die einzeln 
genommen unverständlich sind und sich nicht halten lassen; z. B. wo vom 
Kirchenbegriff der lutherischen Konfession die Rede ist; oder bei der Kri- 
tik der protestantischen Staatskirche (S. 45), die ROTHENBÜCHER viel zu 
schroff als eine Unterdrückerin hinstellt. Die Forderungen des Rationalis- 
mus sind nicht genügend berücksichtigt; das Programm des Pietismus 
scheint ROTHENRÜCHER gar nicht zu kennen — wie die irrigen Bemer- 
"kungen S. 84 oben zeigen. Es hätte m. F. leicht schärfer getrennt werden 
können zwischen Aeußerungen über die politische Möglichkeit einer Tren- 
nung von Staat und Kirche, die von autoritativer Seite ausgehen oder ge- 
dacht sind als Vorschläge zu einer staatlichen Ordnung des Problems, und 
den Aeußerungen, in denen oppositionelle Forderungen größerer Kreise oder 
gar einer ganzen Geistesströmung zum Wort kommen. Die kritischen und 
emanzipationslustigen Regungen innerhalb der katholischen Bevölkerung 
und auch die wechselnden Auffassungen der katholischen Regierungen sind 
fast ganz ausgelassen; die Altkatholiken und protestantischen Sekten mit 
festem Trennungsprogramm nicht erwähnt. Ueberhaupt ist die Auswahl
	        
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