Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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ceit der vollzogenen Verurteilung ist, aber sich mit der Tatsache dieser 
Verurteilung nicht deckt. — Versuchen wir die an diesem Beispiel ge- 
vonnene Anschauung in eine allgemeine Formulierung zu bringen, so 
tönnen wir sagen: es ist zu unterscheiden zwischen Tatbestandswirkung 
ınd Feststellungswirkung; jene ist die Wirkung, die ein Staatsakt als sol- 
:her durch die bloße Tatsache seines Vorhandenseins hat; diese ist die 
Wirkung, die ein Staatsakt hat für die Feststelluno der sein Vorhandensein 
"echtfertigenden Tatsachen und Tatbestände. — Man erkennt hierbei leicht, 
laß der Begriff der Tatbestandswirkung eine wesentlich verschiedene Trag- 
weite hat bei den rechtsgestaltenden Staatsakten (insbesondere den rechts- 
schaffenden, rechtsändernden und rechtsvernichtenden Verfügungen nebst 
deren Unterarten im Sinn meines Systems der rechtsgeschäftlichen Staats- 
ıkte S. 63 f.) einerseits, den rein feststellenden Staatqakten, insbesondere 
den reinen Feststellungsurteilen, andrerseits. Wenn ein Deutscher aus der 
Staatsangehörigkeit oder ein Beamter aus dem Dienst entlassen worden 
ist, wenn jemandem eine Konzession, eine Polizeierlaubnis, ein Titel, ein 
Orden durch Staatsakt entzogen worden ist, so äußert sich die Tatbestands- 
wirkung dieser Staatsakte darin, daß der Betroffene nicht mehr Deutscher, 
nicht mehr Beamter, nicht mehr Inhaber der Konzession, der Polizeierlaub- 
nis, des Titels, des Ordens ist, und daß ohne Rücksicht auf die Frage der 
Feststellungswirkung etwa der Strafrichter ihn behandeln muß als Aus- 
länder, als Nichtbeamten, als einen, der unbefugt ein Gewerbe betreibt, un- 
befugt einen Titel führt, unbefugt einen Orden trägt; Entsprechendes gilt 
in umgekehrter Richtung, wenn jemand naturalisiert worden ist, eine Po- 
lizeierlaubnis, einen Titel usw. erhalten hat. Bei dem reinen Feststellungs- 
urteil aber, das keine Rechtsänderung bezweckt, sondern lediglich nach den 
allgemeinen Grundsätzen über die subjektiven Grenzen der Rechtskraft 
zwischen den Parteien eine Feststellung trifft, beschränkt sich die Tatbe- 
standswirkung darauf, daß ein Urteil dieses Inhalts mit Wirkung unter die- 
sen Parteien ergangen ist. Während also bei den rechtsgestaltenden Akten 
in der ersten Gruppe die Tatbestandswirkung ein nicht durch Aufzählung 
von Einzelfällen zu begrenzendes Anwendungsgebiet hat, insofern sie sich 
nämlich überall von selbst geltend macht, wo die Frage entsteht, ob der 
Betroffene Deutscher, Nichtbeamter, Inhaber einer Konzession usw. sei, kann 
bei den reinen Feststellungsurteilen der zweiten Gruppe eine Tatbestands- 
wirkung nur dort in Frage kommen, wo ein Gesetz ausdrücklich das Vor- 
handensein eines Feststellungsurteils dieser Art zum Element seines Tat- 
'bestandes macht. — Diese Erörterungen über den Unterschied der Tat- 
bestandswirkung bei Gestaltungsverfügungen und reinen Feststellungsakten 
geben zugleich einen Fingerzeig für die Beurteilung des Verhältnisses der 
neuen Begriffe Tatbestandswirkung und Feststellungswirkung zu den Be- 
griffen der Verbindlichkeit in dem von mir a. a. O. S. 199 gefaßten Sinn 
(= Fähigkeit, die gewollten Rechtswirkungen zu äußern) und der materiel-
	        
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