Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

— 23571 — 
len Rechtskraft. Tatbestandswirkung ist nichts anderes als die Wirkung 
der Verbindlichkeit und als solche eine Eigenschaft aller rechtsgeschäft- 
lichen Staatsakte einschließlich der gesetzwidrigen, soweit sie nicht etwa 
absolut nichtig sind: vgl. KORMANN System $. 199, 200 und S. 220 f.; meine 
allgemeinen Ausführungen daselbst S. 200 sind allerdings wegen Nicht- 
unterscheidung von Tatbestandswirkung und Feststellungswirkung mißver- 
ständlich!, während ich in den speziellen Ausführungen S, 223, 224 über 
die Verbindlichkeit richterlicher Akte für die Verwaltungsbehörden (freilich 
nur instinktiv und auch hier ohne klare Erkenntnis der Unterscheidung 
von Tatbestandswirkung und Feststellungswirkung) die richtige Fassung ge- 
tıoffen habe. Dagegegen bildet die Feststellungswirkung das Wesen der 
materiellen Rechtskraft, das ich a. a. O. S. 67, 365 und Grundzüge in An- 
nalen 1912 S. 211 bereits dahin gekennzeichnet hatte, daß ein Staatsakt, 
der der materiellen Rechtskraft genießt, wie z. B. ein Scheidungsurteil, sich 
nicht beschränkt auf die Aenderung bestehender Rechtsverhältnisse, sondern 
zugleich die grundsätzlich.unanfechtbare Feststellung über das Vorhanden- 
sein der Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit und Richtigkeit enthält; diese 
Feststellungswirkung kommt im Gegensatz zu der Tatbestandswirkung nicht 
jedem rechtsgeschäftlichen Staatsakt, sondern nur einer gewissen Gruppe 
zu, für die ich die Bezeichnung Formalakte (vgl. KoRMAnN System $. 365, 
Grundzüge a. a. O0.) vorgeschlagen habe, wobei jeweils noch die weitere 
Frage nach den subjektiven Grenzen der (jedenfalls grundsätzlich auf das 
Verhältnis der von der Feststellung betroffenen Parteien zu beschränken- 
den) Rechtskraft auftaucht. — Wenn ich nach diesen positiven Darlegungen, 
die nur äußerlich eine Abschweifung darstellten, wieder zu den Lehren von 
STEIN zurückkehre, so glaube ich sagen zu dürfen: Aeußerlich in Termino- 
logie und Konstruktion sehen sie allerdings anders aus, aber in den prak- 
tischen Ergebnissen decken sie sich durchweg mit meinen Darlegungen. 
Ein terminologischer Unterschied liegt darin, daß Stein lediglich den Be- 
griff der Tatbestandswirkung aufstellt und ihm den Begriff der materiellen 
Rechtskraft bzw. der bindenden Kraft entgegensetzt; das scheint mir zu- 
nächst ein Schönheitsfehler zu sein, insofern die als Gegensätze benutzten 
Ausdrücke nicht von einem gleichartigen Gesichtspunkt aus gebildet sind; 
sodann würde ich es im Interesse der von mir vorgeschlagenen Bezeichnung 
„ Verbindlichkeit“ bedauern, wenn Steins Vorschlag durchdränge, die ma- 
terielle Rechtskraft, die nach dem vorhin Gesagten gerade im Gegensatz 
zur Verbindlichkeit in meinem Sinn steht, als bindende Kraft zu bezeich- 
  
  
! Ich würde heute dem dritten Absatz S. 200 durch Neueinfügung der 
hier gesperrt gedruckten Worte folgende Fassung geben: „Keine Ein- 
schränkung, sondern nur eine Erläuterung unseres Grundsatzes (der Ver- 
bindlichkeit) ist es, daß dieGrundlagendes Verwaltungsaktes 
insbesondere bloße Incidentfeststellungen’ nicht verbindlich sind“. 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXX. 1/2. . 17
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.