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Festschrift für Karl Binding, zwei Bände, Leipzig, Wilhelm Engelmann,
1911. 20 Mk. bzw. 36 Mk.
Der Inhalt dieser umfangreichen Festschrift ist ganz überwiegend
strafrechtlicher Natur. Im ersten Band finden wir folgende Aufsätze:
FRIEDRICH OETKER: Zur Urkundenlehre im Strafrecht; L. OPPENHEIM: Die
Zukunft des Völkerrechts; THEODOR ENGELMANN: Die Verjährung der An-
sprüche aus unerlaubten Handlungen ; AUGUST FINGER: Der Versuch und
der Vorentwurf zu einem Deutschen Strafrecht; RUDOLF STAMMLKER: Das
Recht im staatlosen Gebiete; AUGUST SCHOETENSACK: Verbrechensversuch
und Deutscher Strafgesetzvorentwurf; ALFRED FREIHERR VON OÖVERBECK:
Der Zweikampf in der Schweizerischen Strafgesetzgebung: XAVER GRETE-
NER: Ursprung und Bedeutung der soziologischen Schule des Strafrechts.
Der zweite Band enthält folgende Abhandlungen: HEINRICH TRIEPEL:
Staatsdienst und staatlich gebundener Beruf; ErnsT BELING: Revision
wegen „Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren* im Strafprozeß
ApoLF LoBe: Die Widerrechtlichkeit bei dem Gebrauche eines Waren-
zeichens; AUGUST HEGLER: Zur Stellung der Gerichte im Strafverfahren;
JOHANNES NAGLER: Der heutige Stand der Lehre von der Rechtswidrigkeit;
WOLDEMAR ENGELMANN: Der geistige Urheber des Verbrechens nach dem
italienischen Recht des Mittelalters.
Im Rahmen dieser Besprechung will ich mich bezüglich eines weiteren
Eingehens beschränken auf die äußerst anregende und wertvolle staats-
rechtliche Abhandlungen von TRIEPEL über „Staatsdienst und
staatlich gebundener Beruf“.
Schon der einleitende Abschnitt I, der die Ueberschrift führt „Die
Arbeit für den Staat“, verdient Beachtung durch die scharfe Abgrenzung, die der
Verfasser entgegen einer in Literatur und Gesetzgebung sehr beliebten
verschwommenen Terminologie zwischen öffentlichem Amt und „nicht amt-
lichem öffentlichen Auftrag“ unternimmt. Beide Begriffe bezeichnen aller-
dings einen Inbegriff von Geschäften (ich würde sagen: Zuständigkeiten,
und würde weiter hinzufügen: vom individualrechtlichen Standpunkt aus;
ferner eine Summe von Rechten und Pflichten, d.h. ein „Rechtsverhältnis® ;
vgl. hierzu, KoRMANnN Grundzüge eines allgemeinen Teils des öffentlichen
Rechts, in Annalen des Deutschen Reichs 1911, S. 866). Aber vom öffent-
lichen Amt, speziell vom Staatsamt soll man, wie Verfasser richtig fordert,
nur dort sprechen, wo es sich um das Organ eines Öffentlichen Körpers
handelt: „Staatsamt ist abgegrenzte staatliche Kompetenz“ (8.7). Dagegen
soll man das sonst vielfach sogenannte Amt des Vormunds, Pflegers, Nach-
laß-, Konkurs-, Zwangverwalters und ähnlicher Personen, die nichtstaatliche
Geschäfte von Privatpersonen wahrnehmen, besser als „nichtamtlichen öffent-
lichen Auftrag“ bezeichnen (9. 8, 9). Im Widerspruch mit dieser richtigen
Grenzscheidung scheint es mir freilich zu stehen, wenn Verfasser S. 13
den Begriff des nichtamtlichen öffentlichen Auftrags auch auf die Fälle an-