Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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in international law“ (abgedruckt S. 577—589) treffend hervorbebt, ein 
„unofficial pressure“ auf die Staaten. Dabei ist aber die Privatarbeit, soll 
sie internationales Abkommen herbeiführen, auf solche Gebiete zu be- 
schränken, die, wie die Schlußakte der II. Haager Konferenz so richtig 
formuliert, für eine internationale Regelung reif sind ?. 
Eine groß angelegte Arbeit verspricht G. SCELLE in seinen „Studies on 
the Eastern Question“, in der er sich als Aufgabe gesetzt hat, Unter- 
suchungen in der Richtung anzustellen, ob die Herrschaft der Türkei in 
Europa im Erlöschen begriffen ist, und wer berufen sein wird, an ihre 
Stelle zu treten. Zur Zeit erblickt der Verfasser in der Rivalität der 
Mächte eine „negative Garantie“ der Erhaltung der europäischen Türkei, 
die durch die Konsolidierung „centripedaler Kräfte“, des türkischen Patrio- 
tismus und der türkischen Armee, eine Stütze erfährt gegenüber den zen- 
trifugalen Kräften“, den Nationalitätsaspirationen. Diese haben sich nach 
SCELLE im Wandel der Jahrhunderte deshalb besonders ausgeprägt er- 
halten, weil die Türkei den unterworfenen christlichen Völkern die Teil- 
nahme am türkischen Reich verwehrt und damit eine Assimilierung syste- 
matisch hintangehalten hat. Zu dem Erwachen der Balkanvölker über- 
gehend, schildert S. in den bis jetzt vorliegenden Teilen seiner Arbeit 
(S. 144—177, 394-413, 680—704) die Emanzipation Bulgariens von der 
türkischen Herrschaft. Die Unabhängigkeitserklärung preist er als Be- 
freiung in gleicher Weise von dem türkischen wie von dem russischen 
Protektorat, dessen faktische Existenz bis zum Beginn des Stambulow- 
schen Regimes er eingehend darstellt. (Ob der Einfluß Rußlands wirklich 
durch den Tag von Tirnovo niedergebrochen ist? Mir scheint der Ab- 
schluß des Schuldvertrags vom 6./19. April 1909 nicht gerade dafür zu 
sprechen.) Im einzelnen möchte ich noch besonders auf S. 170 verweisen, 
wo die Stellung RUMELIEns nach der Proklamation vom 14. Juni 1886 
?2 Darin liegt zugleich, daß Privatkodifikationen des gesamten Völker- 
rechts wohl niemals eine über den Wert eines Lehrbuches hinausreichende 
Bedeutung erlangen können. Denn eine Kodifikation des Völker- 
rechts ist notwendig nur etappenweise, in organischer Entwicklung, mög- 
lich; eine Darstellung der gesamten Materie aber kann nie zu einer Gründ- 
lichkeit durchdringen, wie sie bei der Behandlung eines engbegrenzten 
Gebiets möglich ist. Ein klassisches Beispiel hierfür bietet das fleißige 
Werk von Internoscia „nouveau code de droit international“ (in französisch, 
engl., italienisch) 1910, der das gesamte Völkerrecht — aber unter Weg- 
lassung des Kriegsrechts, das für ihn nur in beschränktem Umfang in Ge- 
stalt einer Art Bundesexekution der zur Union geeinten Staaten der Völker- 
gemeinschaft zugelassen wird — auf 979 Seiten in 5657 Artikeln vor- 
führen will.
	        
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