Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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schaffen, wie es denn in ihrer Macht stände, künstliche Rechtsgebilde ins 
Leben zu rufen, die in bestimmten Beziehungen als Völkerrechtssubjekte 
behandelt werden könnten. Letzteres ist meines Erachtens richtig; denn 
wie, um den von G. angeschnittenen Gedanken fortzuführen, das staatliche 
Recht natürlichen Personen Subjektsqualität entziehen kann (man denke 
an den servus und die entsprechenden Formen der germanischen und anderer 
Rechte) und wie es andererseits in seiner Macht steht, auch anderen Ge- 
bilden (Anstalten, Vereinen etc.) Rechtssubjektivität zu verleihen, so können 
auch die Glieder der Völkerrechtsgemeinschaft Gebilde, ja sogar Einzel- 
personen durch eine entsprechende ausdrückliche oder stillschweigende 
Vereinbarung zu Völkerrechtssubjekten erheben mit der Wirkung, daß diese 
je nach dem Umkreis der an der Vereinbarung beteiligten Staaten für einen 
engeren Kreis oder für die gesamte Völkerrechtsgemeinschaft als Subjekte 
erscheinen. Der Nachweis für den konkreten Fall ist aber G. nicht gelun- 
gen, wie es dann weiter unzutreffend ist, wenn er annimmt, daß auch ein 
Staat von der einmal getroffenen Vereinbarung zurücktreten könne. Zwar 
kann kein Staat als unabhängiges Wesen gezwungen werden, ein derartiges 
„artifizielles“ Subjekt anzuerkennen; ist aber eine solche Anerkennung er- 
folgt, so kann er ohne Zustimmung der übrigen Teilnehmer an der Verein- 
barung auch nicht der freiwillig geschaffenen „Person“ die Subjektsqualität 
wieder entziehen, 
Von den weiteren Abhandlungen seien noch genannt PoLıTıs’ Aufsatz 
„Loi et coutume de la guerre sur terre“ (L’interpretation anglaise de l’ar- 
ticle 23 h du röglement de la Haye“ (p. 249—259), in der er zutreffend die 
schiefe Auffassung der britischen Regierung. auch nach der zweiten Haager 
Akte könnten Schuldverhältnisse Privater durch einen Krieg suspendiert 
oder gar zerstört werden, zurückweist; Dupuis’ Abhandlung „La discussion 
de la declaration de Londres au Parlement britanique* (p. 369—400) und 
desselben Bericht (p. 621—653) über die Madrider Session (1911) des Insti- 
tuts für Völkerrecht. (Behandlung der Seeminenfrage, der Wasserläufe, 
Kodifikation des Luftrechts). Das Luftrecht behandelt Sperl unter völker-, 
verwaltungs-, straf- und zivilrechtlichen Gesichtspunkten (473—491). Hin- 
gewiesen sei endlich noch auf den interessanten Aufsatz SCELLEs „La 
question du chemin de fer du Gotthard“ (p. 44—69), NEUMEYERsS „Droit 
international administratif“ (p. 492—99) sowie die verschiedenen Arbeiten 
WAULTRINs, die einzelne Fragen des öffentlichen Seerechts der Gegenwart 
behandeln. [La mer blanche est-elle une mer libre? (p. 94—99); de la 
condition internationale de la Nouvelle Zemble (p. 359—63), l’affaire des 
privileges de Kiberg (p. 457—466)]. 
Frankfurt a. M. Dr. Karl Strupp. 
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