Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

zurücksetzen. Betonen möchte ich, daß im engsten Zusammenhang mit 
dem Gedanken einer größtmöglichen Fernhaltung der Beamten von der 
Politik schon ein Gesetz von 1710 mit Buße und Entlassung jeden Beamten 
trifft, der an einer Wahlkampagne aktiven Anteil nimmt, eine Bestimmung, 
die zwar durch die spätere Gesetzgebung und durch Gewohnheit insbeson- 
dere für die hohen Beamten wesentlich gemildert worden ist, ohne aber 
ihre praktische Bedeutung völlig eingebüßt zu haben. 
Was endlich die Materie, anbelangt, die den Anstoß zur Abfassung der 
Arbeit gegeben hat, so ist rechtlich der Zusammenschluß der Beamten 
zu Syndikaten (trade Unions) nach dem Wortlaut des Gesetzes von 1876 
nicht zuzulassen. Das hindert nicht, daß faktisch eine größere Zahl 
von Beamtenassoziationen sich gebildet haben, von denen einige, wie die 
Postmen Federation, sogar einen größeren Stamm von Mitgliedern besitzen. 
Doch ist — und das läßt sich an Präzedenzfällen zeigen — Jer Streik 
noch stets als Grund zur sofortigen Entlassung aus dem Staatsdienst wegen 
„great official misconduct“ angesehen worden, eine Auffassung, die in vollem 
Maße dem Wesen des öffentlichen Dienstes entspricht. Sie bildet auch die 
Grundlage der Gesetzesvorschläge, wie sie dem französischen Parlament 
nach dem Eisenbahnerstreik von Aristide Briand vorgelegt worden sind, 
und über die ROLLAND in seinem Aufsatz: „les projets du gouvernement, 
relatifs aux greves dans le service public des chemins de fer“ (S. 99—128; 
Chronique administrative) referiert. Ohne auf sie und die mit ihnen zu- 
sammenhängenden juristisch wie volkswirtschaftlich hochinteressanten Fra- 
gen einzugehen, möchte ich nur erwähnen, daß der Gesetzentwurf präven- 
tiv darnach strebt, durch die Einrichtung von Schiedsgerichten Ausstände 
zu vermeiden, repressiv die einmal entstandenen mit der Schärfe des 
Strafgesetzes, und zwar aus Zweckmäßigkeitserwägungen in der Person 
der Führer, zu treffen. 
Mit der Staatsrechtsgeschichte von Elsaß-Lothringen bis zum Gesetz 
vom 381. Mai 1911 und diesem selbst beschäftigt sich PAuL Heıtz (la loi 
constitutionelle de l’Alsace-Lorraine du 31 mai 1911, p. 429—475). Ich 
stimme ihm im Ergebnis vollkommen bei, wenn er Elsaß-Lothringen nach 
wie vor für Reichsland, d.h. für eine Reichsprovinz (S. 349, 462, 463)! und 
den Landtag für einen Spezialreichstag (8. 458) erklärt. 
ı Die scharfsinnigen und wohlabgewogenen Ausführungen NELTES im 
Archiv des ö6. R. XXVIL, S. 45 fi., die für Elsaß-Lothringen Staatsqualität 
in Anspruch nehmen, dürften m. E. daran scheitern, daß auch nach dem 
Gesetz von 1911 die Verfassung durch Reichsgesetz abgeändert wer- 
den kann. Vgl. hierzu MEyEr-AnscHÜtTz, Deutsches Staatsrecht, 6. Aufl., 
1905, S. 9 und 10, ferner LABAnD, das Staatsrecht des Deutschen Reichs, 
I, 5, 1911, S. 282 #.; Reum, das Reichsland Elsaß-Lothringen (Vorträge 
der Gehestiftung IV 1), 1912, 1 ff., bes. S. 7; SCHÖNBORN im Jahrbuch des 
öffentlichen Rechts VI (1912) 250 ff., bes. 250, 251.
	        
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