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und unbeschränkbares. aus dem Völkerrecht emanierendes Recht zum Ab-
schluß von Staatsverträgen postulieren. Und es ist SCHOEN auch in der
Richtung beizutreten, daß die von ANZILOTTI behauptete völkerrechtliche
presunzione pel capo dello Stato nicht existiert, und daß weiter von einer
Unrechtsfolge im Sinne einer nunmehr eintretenden Gültigkeit des Ver-
trags nicht gesprochen werden kann. Wozu letztere Auffassung in praxi
führen würde, ergibt sich m. Es. aus der Erwägung, daß z. B. der Präsident
der Vereinigten Staaten imstande wäre, durch eine vor erlangter Zustimmung
des Senats erfolgte Ratifikation auf diesem Umwege die Gültigkeit eines
von ihm gewünschten Vertrages herbeizuführen.
Dr. Karl Strupp.
a) Bonfils-Fauchille, Manuel du droit des gens, 6ieme ed, 1912.
b) Fiore-Antoine, Le droitinternationalcodifie, nouvelle
edition 1911.
c) Nys, Le droit international. Nouvelle edition, tome I—-III,
1912.
d) Oppenheim, International Law, 2ud edition tome I, 1912.
Die vorstehend genannten Werke sind jedem Völkerrechtler vertraut,
so daß ich mich darauf beschränken kann, ihr Neuerscheinen zu konsta-
tieren und auf bedeutsamere Veränderungen gegenüber den früheren Auf-
lagen aufmerksam zu machen.
a) Gegenüber der 1908 erschienenen 5. Auflage enthält das von PAUL
FAUCHILLE nunmehr zum vierten Mal bearbeitete Handbuch des Völker-
rechts von BoNnFILS eine Reihe neuer Abschnitte, die zugleich einen deut-
lichen Beweis liefern für die Fortschritte, die auf dem Gebiete des Völker-
rechts in den letzten 3 Jahren erzielt worden sind. Die Londoner See-
rechtskonferenz bedingte eine völlige Neubearbeitung des Seekriegsrechts
(p. 822 bis 1080), aus dessen Darstellung die bis zu den Madrider Be-
schlüssen des Instituts durchgeführte Entwicklung der Seeminenfrage, ferner
die Kapitel über Kriegskontrebande und Blockade nach der Londoner
Deklaration (p. 1020—1030); (1067—1073) erwähnt sein mögen. Der Boykott,
dessen Bedeutung für das Völkerrecht gelegentlich der bosnischen Krise
besonders in die Erscheinung getreten ist, bildet den Gegenstand eines
besonderen Abschnittes (p. 656/57). Wie Laferriere, auf dessen Aufsatz in
der Revue generale ich bereits gelegentlich der Besprechung des 17. Bandes
jener Zeitschrift hingewiesen habe, lehnt auch FAUCHILLE eine internatio-
nalrechtliche Haftung des Staates für den durch den Boykott angerichteten
Schaden im Prinzip ab — eine dem Wesen des völkerrechtlichen Delikts
durchaus konforme Auffassung. Von sonstigen neuen Kapiteln sei nur
noch verwiesen auf das über das Luftrecht (p. 340—347), zu dessen Dar-
stellung in der Tat wohl niemand geeigneter war als FAUCHILLE, dessen
unermüdliche Tätigkeit gerade auf diesem Gebiete allen bekannt ist, die