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Doch alles in allem: In dem Handwörterbuch des Bayerischen Staats-
kirchenrechts hat der bayerische Verwaltungsbeamte wie Theologe ein
unentbehrliches Werkchen, das aus der Praxis für die Praxis geschrieben
ist und besonders als geeignetes Vorbereitungs- und Hilfsmittel für den
juristischen Staatskonkurs, den kath. Pfarrkonkurs und die prot. Anstellungs-
prüfung empfohlen werden kann. Dr. Franz Schneider.
Dr. Richard Seligmann, Die staatsrechtliche Stellung des
deutschen Reichstagspräsidenten. Frankfurt a. M.
1912, bei J. und A. Mayer, 112 Seiten.
Ein bisher in der staatsrechtlichen Literatur noch nicht eingehend be-
handeltes Thema — nur hie und da sind Einzelfragen angeschnitten, wie
es gerade die Behandlung anderer Materien des Reichstagsrechts mit sich
brachte — ist hier zum Gegenstand einer tiefer schürfenden und umfassen-
deren wissenschaftlichen Erörterung gemacht. Die Aufgabe, die sich R.
SELIGMANN gestellt hat, ist nicht ohne Schwierigkeiten. (Gilt es doch, aus
den in der Geschäftsordnung des deutschen Reichstags zerstreut bei ver-
schiedenen Materien auftauchenden Bestimmungen ein einheitliches Gebäude
aufzuführen. Es liegt besonders die Gefahr nahe, über der Fülle des
Details, das hier auftaucht, die Grundgedanken, die Richtlinien der ganzen
rechtlichen Konstruktion der Präsidentenstellung zu vernachlässigen.
Die umfangreiche Arbeit, in frischem, flüssigem Stil geschrieben, be-
handelt ausführlich zunächst die Rechtsquellen und die Entstehung des
Präsidentenamts, geht über zu dem Verhältnis des Präsidenten zu den
anderen Reichstagsorganen und befaßt sich dann — um die Hauptpunkte
anzuführen — mit der Tätigkeit des Präsidenten in den Reichstagssitzungen
(der Leitung der Verhandlungen und der Handhabung der Ordnung) und
schließlich mit der Vertretung des Reichstags nach außen. Alle Fragen,
die dieses große Gebiet aufwirft, sind erörtert und entschieden, und gerade
manch praktischer Vorgang des parlamentarischen Lebens ist mit erfreulicher
juristischer Schärfe zergliedert und klargelegt. Es leuchtet ein und bedeutet
keinen Tadel für den Verfasser, daß nicht jede Beweisführung den Wider-
spruch auszuschalten vermag, wie hier andererseits nicht der Ort ist,
andere Anschauungen wie z. B. über die Frage der Auslegung und Er-
gänzung der Geschäftsordnung zu verfechten. Es genügt die Feststellung,
daß SELIGMAnN alle in Betracht kommenden Punkte eingehend behandelte,
den Kernpunkt jedes Problems herausschälte und unter Benützung der
vorhandenen Literatur die Entscheidung traf, so daß der Leser über alle,
Einzelheiten genügend orientiert ist.
Doch jener oben angedeuteten Gefahr ist SELIGMANN nicht ganz ent-
gangen. Die Stärke des Verfassers liegt in der Detailarbeit. Dagegen
dürften die großen Gesichtspunkte, welche auch in diesem Gebiet der
Juristischen Kleinarbeit nicht fehlen, klarer und bestimmter herausgearbeitet