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es ankommt, richtig aufgefaßt. Er erklärt, daß auch Bestimmungen
der Staatsverträge durch die Reichsgesetzgebung geändert werden
können, aber unbeschadet der Frage, welche Folgen sich hieraus
von Staat zu Staat ergeben. Es wird also ausdrücklich anerkannt,
daß in solchen Bestimmungen der Reichsgesetze eine Verletzung
der Vertragsrechte liegen kann.
Noch entschiedener steht mit den Ausführungen des Kom-
missars das von ihm angeführte Urteil des VI. Zivilsenats?®
in Widerspruch. Es heißt darin, die Rechtsnormen, welche in
Staatsverträgen enthalten seien, könnten in der Regel bloß mit
Zustimmung beider Vertragschließenden außer Geltung gesetzt
werden ; das einseitige Abgehen von dem geschlossenen Vertrage
würde wohl erworbene Rechte des anderen Teils verletzen, darum
sei die Absicht der Vertragsaufhebung dem Gesetze nicht zu
unterstellen, falls dazu nicht zwingende Gründe vorliegen.
Die von dem Kommissar angeführte Bemerkung von PLANCK
lautet: „Wie die Vorschriften, welche in den von dem Reiche
geschlossenen Verträgen enthalten sind, den Reichsgesetzen gleich-
stehen, so würden in Ermangelung einer besonderen Vorschrift die
in Verträgen, welche ein Bundesstaat geschlossen hat, enthaltenen
Bestimmungen, soweit dadurch nicht lediglich eine völkerrechtliche
Verpflichtung begründet, sondern eine innerstaatliche Rechtsnorm
gegeben wird, den Landesgesetzen gleichstehen und daher, soweit
sie privatrechtlicher Natur sind, nach Art. 55 außer Wirksamkeit
treten. Bei dieser Konsequenz verbleibt es in Beziehung auf die
zwischen einzelnen Bundesstaaten geschlossenen Verträge.“ PLANCK
unterscheidet also ebenfalls zwischen derin den Verträgen begründe-
ten völkerrechtlichen Verpflichtung und der innerstaatlichen Rechts-
norm. Die Frage, ob die Reichsgesetzgebung befugt ist, auch bei dem
Widerspruch eines der beteiligten Staaten sich über die in einem zwi-
schen Bundesstaaten unter einander geschlossenen Vertrage begrün-
5 RG. 2. 24, 8.12.