Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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ethischen Grundlagen des Rechtes ausführt, muß er wohl auch für 
diese Partien der Rechtsordnung gelten lassen; die Ansichten der 
Rechtsgenossen über dasjenige, was man sich gefallen lassen 
müsse, und ihr Vertrauen auf das regelhafte Recht und auf die 
Wirkung von Präjudizien können wohl nach JUNG in anderen 
Rechtsmaterien keine andere Wirkung äußern als gerade im Zivil- 
recht. Trotzdem schränkt JUNG sein Ergebnis, daß das Gesetz 
nur Maßstab, nur Weistum für den Richter sei, auf das „Zivil- 
recht“ oder das „jus inter singulos“ ein und er stellt die mit 
seinen sonstigen Ausführungen schwer vereinbare Behauptung auf, 
daß das „öffentliche Recht“ „unmittelbar bindende Normen“ für 
die Amtstätigkeit des Richters enthalte (S. 137). 
Gegenüber diesen Darlegungen drängen sich dem Leser zwei 
Fragen auf: erstens, warum ist ein Teil der Rechtsordnung un- 
mittelbar bindend, der andere nur Maßstab, und zweitens, wo 
läuft die Grenze zwischen beiden Teilen. Auf beide Fragen gibt 
JUNG keine Antwort. 
Die Unmöglichkeit, die erste Frage auf den Grundlagen der 
Theorie JUNGs zu beantworten, hängt meiner Ueberzeugung nach 
mit jenem Gedanken des Autors zusammen, den er selbst $. 316 
als die wesentlichste Aufstellung seiner Schrift bezeichnet. Es ist 
der Gedanke, Geltungsgrund des Rechtes und Ursache der Autorität 
desselben sei die Tatsache, daß im Zusammenleben der eine vom 
andern ein gewisses Maß von Rücksichtnahme verlange und im 
Notfalle mit Gewalt zu erzwingen suche. Auf diese gesellschaft- 
liche Erscheinung kann man vielleicht Rechtssätze über den Kauf 
oder das Darlehen zurückführen, obwohl auch hier die Ableitung 
des Rechtes aus dem Unrecht Bedenken hervorrufen muß, nicht 
aber Rechtssätze über die Militär- oder die Steuerpflicht, über 
Wahlrecht oder Beamtendienstrecht, über die Thronfolgeordnung 
oder die Stellung des Staates zur Kirche. Wir werden zu der 
schon oben angedeuteten Annahme genötigt, daß das Recht sich 
nicht allein aus der Rechtsüberzeugung der Rechtsgenossen er-
	        
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