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spruch des deutschen Reiehskanzlers: Der Schwache wird des
Starken Beute, als Kerngedanke der heutigen internationalen Po-
litik angesehen werden muß, so stehen die schwächeren Staaten
des amerikanischen Kontinents einer Gefahr gegenüber, die ebenso
groß, wenn nicht größer ist als die, welche sie im Anfange ihrer
politischen Selbständigkeit bedrohte.“
Gegen sie, führt ANDERSON aus, gebe es nur einen Schutz,
und das sei die Monroedoktrin. Sie müsse die Schranke dar-
stellen, über welche der Wunsch nach Landerwerb auf amerikani-
schem Boden nicht hinwegkomme. „Sollte es irgend eine Macht
versuchen, mit Eroberungsgelüsten unseren Kontinent zu betreten,
dann würde sich zweifellos zeigen, was die Monroedoktrin be-
deutet, und wie geschlossen die amerikanischen Staaten zum
gegenseitigen Schutz zusammenstehen. Solche Geschlossenheit
ist bei uns vorhanden, wenngleich sie gelegentlich einmal durch
Mißtrauen, das ein Staat wegen seiner Unabhängigkeit oder sei-
nes Gebietes gegen einen anderen hegt, gelockert wird. Ich sollte
aber meinen, daß gerade die Monroedoktrin alle Bedenken in
dieser Beziehung beseitigen muß, wenn nur die Länder Amerikas,
ohne Rücksicht auf Vergangenes, vielmehr den Blick auf die ge-
meinsame Zukunft gerichtet, sich entschließen wollten, den Ge-
danken des Präsidenten Monroe folgerichtig auszubauen und zeit-
gemäß zu gestalten, wenn sie, wie es ihre Pflicht wäre, die feier-
liche Versicherung abgäben, daß es Eroberung von nun an für
den amerikanischen Kontinent nieht mehr gibt, und daß sie alle
gelobten, weder auf Eroberungen auszugehen, noch solche auf
amerikanischem Boden zu dulden. Eine solche Erklärung, deren
Wichtigkeit und Notwendigkeit gar nicht genug betont werden
kann, würde keineswegs völlig neu sein. Sie ist schon mehrfach
von demselben Präsidentenstuhl aus, von dem Monroe seine be-
rühmte Botschaft ergehen ließ, abgegeben worden.“ Der Vor-
tragende zitiert, um dies zu beweisen, Worte des früheren Präsi-
denten ROOSEVELT aus den Jahren 1901 und 1905, des früheren