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baurecht für die privatkapitalistische Denk- und Betrachtungs-
weise, welche gewohnt ist, den Boden vorwiegend als Spekula-
tionsobjekt zu betrachten, wenig eignet. (Gerade das Gegenteil
privatwirtschaftlichen Strebens soll ja hier erreicht werden, der
für Besiedlung und Erwerbstätigkeit so notwendige Boden soll der
Spekulation entzogen und zum ledigliehen, auf lange Frist ange-
legten Rentengute werden. Doch eine Kategorie von privaten
Grundbesitzern erscheint dadurch ebenfalls mit von der Benüt-
zung des neuen Rechtsinstitutes ausgeschlossen, die an seiner
praktischen Ausnutzung nicht bloß aus privatwirtschaftlichen Mo-
tiven interessiert gewesen wäre, nämlich der weite Kreis der indu-
striellen Unternehmer, mag es sich nun um Einzelunter-
nehmungen oder gesellschaftliche Unternehmungsformen handeln.
Mehr und mehr ist heute die Industrie genötigt, die Wohnungs-
fürsorge für ihre Arbeiter selbst mit in die Hand zu nehmen, da
sie ein großes Interesse daran hat, einen bodenständigen Kreis von
Arbeitern zu erhalten, andererseits sonstige Wohnunterkünfte um
einen erschwinglichen Mietzins einfach nicht zur Verfügung
stehen. So sind denn vielfach neugegründete Fabriksunterneh-
mungen, insbesonders auch Bergbaubetriebe, von vornherein dar-
auf bedacht, sich den nötigen Bodenbesitz für Ausdehnung der
Produktion, wie auch Unterbringung der Arbeiter zu sichern.
Diese Fürsorgetätigkeit ist ja bekanntlich in Oesterreich auch
staatlicherseits anerkannt, indem sich die mit Gesetz vom 8. Juli
1902 eingeräumte 24 jährige Steuerbefreiung auch auf die von
Arbeitgebern für ihre Arbeiter errichteten Wohngebäude erstreckt.
Gerade das Institut der Bodenverleihung zu Baurecht hätte nun
für die industriellen Unternehmer große Bedeutung. Denn einer-
seits verfügen sie tatsächlich vielfach über genügendes, oft brach-
liegendes Areal im Fabriksgebiete, das vorläufig für Betriebs-
zwecke nicht benötigt wird und daher auf die immerhin zeitlich
beschränkte Baurechtsdauer Arbeitern zur Errichtung von Klein-
wohnungshäusern überlassen werden könnte, anderseits aber nach