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Ausbildung — 6—-7 Monate wie K. will, sind zu wenig — als Gerichts-
anwärter übermittelt dem Anfänger einen Vorrat von lebendigen Anschau-
ungen auf dem Gebiete der Rechtspflege, von dem er während des Studiums
zu zehren vermag. Ich möchte der Vorpraxis vor der Zwischenpraxis
abgesehen von anderem auch aus dem Grunde den Vorzug geben, welchen
man dafür anzuführen pflegt, daß die militärische Dienstzeit unmittelbar
an die Schulzeit anschließt, nämlich daß für den, der die akademische
Freiheit noch nicht gekostet hat, es leichter ist, sich der Disziplin zu
beugen. — Ich bin nach allem der festen Ueberzeugung, daß K.s Vor-
schläge die weitestgehende Beachtung verdienen.
H. Edler v. Hoffmann.
Die staatskirchenrechtliche Stellung der Israeliten in Bayern. Von
Dr. JossF HEIMBERGER, ord. Prof. der Rechte in Bonn. 2 stark ver-
änderte underweiterte Auflage. Tübingen 1812. VerlagvonJ.B.C. Mohr
(Paul Siebeck) 8°, XI u. 432 S. geh. 11 Mk.
Das Erscheinen einer neuen Auflage des inhaltsreichen Werkes kommt
umsomehr erwünscht, als eine Umarbeitung des ganz unzulänglichen
Judenedikts von 1813 zurzeit ernstlich in Frage steht. HEIMBERGER legt
unter Verwertung des großen Aktenmaterials des K. Staatsministeriums des
Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten sowie der Kreisregierungen
in Würzburg und Speyer auch für weitere Kreise all die Mängel und
Lücken des Rechtszustandes und die daraus entspringende Unsicherheit,
des Vollzugs bis in die neueste Zeit herein klar. Die neue Auflage bringt
wesentliche Erweiterungen, namentlich in der Darstellung der Verfassung
der Kultusgemeinde, hinsichtlich der Stellung der Rabbiner und der
israelitischen Volks- und Religionsschulen; eine neue Untersuchung ent-
hält der Abschnitt über die rechtliche Natur der Rabbinratsdistrikte.
HEIMBERGER kann den Erfolg buchen, daß der bayrische Verwaltungs-
gerichtshof sich der in der ersten Auflage gegebenen Begründung des Be-
steuerungsrechtes der israelitischen Kultusgemeinden mit Entscheidung vom
18. Juni 1902 angeschlossen hat; man wird sich vorläufig mit dieser Kon-
struktion helfen müssen, die auch M. v. SEYDEL als gangbaren Ausweg
anerkannt hatte. Ich stimme HEIMBERGER.dariır bei, daß die israelitischen
Kultusgemeinden bei Ausübung dieses Rechtes nicht, wie der VGH. früher an-
nahm, auf die Analogie des beseitigten gemeindlichen Umlagengesetzes von
1819 angewiesen sind, sondern hierbei autonom im Rahmen der für sie gelten-
den Rechtssatzungen vorgehen können. Den Bestand zweier israelitischen
Kultusgemeinden für ein und dasselbe räumliche Gebiet hält HEIMBERGER
nach wie vor für rechtlich zulässig; der Beweis dafür, daß das jüdische Reli-
gionsgesetz die Bildung von Sekten zulasse, scheint mir nicht voll erbracht.
Nur wenn diese Annahme zuträfe, würde sich der vorgeschlagene Weg, die
Zugehörigkeit zu der einen oder der anderen Kultusgemeinde nur von der